Rose: Kapitel 8 und Rose: Kapitel 9: Unterschied zwischen den Seiten

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= '''Kapitel 8: Parität -  Die Theorie der geraden Zahlen''' =
= '''Kapitel 9: Tesuji Teil I''' =


Eine der wichtigsten Strategien in Othello ist das Prinzip der '''Parität''', auch bekannt als '''even number theory'''. Bevor wir uns näher mit dieser Theorie beschäftigen, müssen wir den Begriff der '''Region''' näher definieren. Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich um einen freien Bereich auf dem Spielbrett, der normalerweise (jedoch nicht immer) eine Ecke beinhaltet, und der von anderen freien Spielfeldern abgegrenzt ist. Im Diagramm 8-1 sieht man auf dem Spielbrett vier voneinander getrennte Regionen: 3 Spielfelder links oben, 8 Spielfelder rechts oben, 3 Spielfelder rechts unten und 7 Spielfelder links unten.
Für das japanische Wort Tesuji (ausgesprochen: ''te'' wie Teller;  ''su'' wie super; ''ji'' wie Jeep), gibt es keine gleichbedeutende Übersetzung, es wird gerne in Spielen wie Go und Shogi verwendet. Manchmal wird es einfach als „brillanter Zug“ übersetzt. Tesuji sind im Grunde nur gute Züge in bestimmten Positionen, die oft genug entstehen, um ihnen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Das Wissen über Tesuji wird dir nicht nur helfen Züge zu erkennen wenn sie möglich sind, sondern auch voraus zu schauen und zu verhindern, dass dein Gegner sie anwendet.


Die Grundidee der Parität ist folgende: Gibt es eine Region mit einer geraden Anzahl freier Felder, ist es gewöhnlich besser, als letzter in diese Region zu spielen. du willst also, dass dein Gegner als erstes in diese Region setzt und du dann gleich nachsetzt, in der Hoffnung Spielsteine, die dein Gegner eben gewendet hat, wieder zurückzugewinnen. Im Diagramm 8-2 scheint es auf den ersten Blick, als wolle Schwarz als erstes setzen, die h1-Ecke nehmen und damit die 4 angrenzenden schwarzen Spielsteine sichern. Weiß würde dann den letzten Zug nach g1 setzen und Schwarz 37 Spielsteine lassen (Diagramm 8-3). Nehmen wir nun an, dass Weiß im Diagramm 8-2 am Zug ist. Weiß hat keine andere Wahl, als nach h1 zu spielen (Diagramm 8-4). Schwarz setzt den letzten Zug nach g1 (Diagramm 8-5). Wie man im Diagramm 8-5 sieht hat Schwarz nun 38 Spielsteine - einer mehr, als in Diagramm 8-3!
In diesem Kapitel betrachten wir Tesuji-Eckangriffe, in Kapitel 10 werden Swindels und andere Tesuji besprochen. Die grundlegende Idee aller Tesuji-Eckangiffe ist es, einen Zug zu machen, der eine Ecke angreift. Dies zwingt den Gegner, den Angriff abzuwehren oder die Ecke aufzugeben. Wenn beide Möglichkeiten für den Gegner schlecht sind, war der Angriff effektiv. Man sollte immer darauf achten, dass sich der Gegner in manchen Situationen leisten kann, eine Ecke aufzugeben. In diesen Fällen ist der Eckangriff ein schlechter Zug.  


Vielleicht fragst du dich jetzt: "Ein Spielstein mehr oder weniger, was macht das schon?" Tatsache ist, dass, obwohl es so schien, Schwarz als erstes ziehen will, es besser wäre, wenn er als zweiter spielen könnte. In vielen Situationen, wie zum Beispiel im Diagramm 8-6, bedeutet der Unterschied, entweder zuerst oder zuletzt spielen zu können, den Unterschied zwischen Niederlage und Sieg.
 
== '''Zwinge deinen Gegner eine Wand zu bauen''' ==
 
Diagramm 9-1 zeigt ein Muster (ähnlich dem in Diagramm 5-11), das oft in Spielen von Anfängern erscheint. Weiß hat gerade b8 gespielt und gibt damit Schwarz die einmalige Gelegenheit die Ecke anzugreifen, indem er e8 spielt (Diagramm 9-2).  
In diesem Fall ist die a8 Ecke für Schwarz sehr wertvoll, da er davon ausgehend auch die a1 Ecke erlangen kann. Um den Verlust der Ecke zu verhindern, muss Weiß mit f8 antworten, damit bildet er eine riesige Wand quer über das Feld (Diagramm 9-3).  






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| Diagramm 8-1: || Diagramm 8-2: || Diagramm 8-3:
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| Weiß ist am Zug ||   Schwarz h1, Weiß g1 ||
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
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Sogar in Partien zwischen erfahrenen Spielern wird dieser Tesuji sehr wirkungsvoll eingesetzt. In Diagramm 9-4 sollte Schwarz nach f7 ziehen, denn er droht mit e8 in Diagramm 9-5 zu folgen. Weiß würde gerne mit g8 antworten aber das ist nicht möglich. Das Beste für Weiß ist, das drohende e8, durch das Spielen von g6 (Diagramm 9-6), zu vergiften. Wenn Schwarz jetzt e8 spielt, kann Weiß mit f8 antworten, ohne dass dabei die Steine auf f4 und f5 gedreht werden. Schwarz kann jedoch durch das Ziehen nach h6 (statt e8) die Bedrohung durch e8 wiederherstellen.




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|  Diagramm 8-4: || Diagramm 8-5: || Diagramm 8-6:
|  Diagramm 9-4: || Diagramm 9-5: || Diagramm 9-6:
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| Weiß h1 ||   Schwarz g1 ||
|   Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
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== '''Zwinge deinen Gegner deine vergifteten Steine zu drehen''' ==
Diagramm 9-7 zeigt ein typisches Beispiel dieses Tesujis. In dieser Position scheint Schwarz die weiße Wand durchbrechen zu müssen, indem er g4, g5 oder g6 spielt. Ein Zug nach f3 könnte nun für Schwarz nicht schlecht sein, aber die Steine auf f7 und f8 vergiften diesen Zug. Schwarz kann den Zug nach f3 verbessern indem er zuerst c8 spielt, und damit die a8 Ecke angreift. Es bleibt für Weiß nur eine Wahl, er muss mit g8 die untere Kante nehmen (Diagramm 9-8). Dadurch werden die vergiftenden Steine gedreht, und Schwarz wird ein leiser Zug nach f3 ermöglicht (Diagramm 9-9). Nun muss Weiß durch die Wand von Schwarz brechen. 
 
 


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|  Diagramm 9-7: || Diagramm 9-8: || Diagramm 9-9:
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|  Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug
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Diagramm 8-7 zeigt ein Beispiel der Parität in einer Region mit vier freien Feldern. Nehmen wir an, Schwarz ist am Zug (Diagramm 8-8). Schwarz hat keine andere Wahl, als nach b2 zu ziehen, worauf Weiß die a1 Ecke nimmt. Nun sind zwei freie Spielfelder übrig; natürlich muss Schwarz als erstes spielen und Weiß den letzten Zug und damit einen 33-31 Sieg überlassen. Wäre andererseits Weiß im Diagramm 8-7 am Zug, würde Schwarz 37-27 gewinnen. Wie diese Beispiele zeigen, hat Parität oft größere Auswirkungen auf eine Region mit 4 Feldern als auf eine Region mit 2 Feldern.
== '''Erlange Zugang zu einem entscheidenden Feld''' ==


Wir haben in den eben genannten Beispielen nur die letzten Züge betrachtet. In einem Spiel, bei dem es nur mehr zwei freie Felder gibt, ist es zu spät, sich darüber Gedanken zu machen, als erster oder letzter setzen zu können. Außerdem ist dies eine Sache, die du dir ohnehin nicht aussuchen kannst! Die wirkliche Macht der Parität liegt früher - manchmal viel früher - im Spiel. Damit ist gemeint, dass es möglich ist, auf eine Art und Weise zu spielen, die dir den letzen Zug in die meisten oder in alle Regionen garantiert. Oft gibt es mehrere Regionen auf dem Spielbrett. Der kumulierte Vorteil, den letzten Spielzug in jede dieser Regionen zu setzen, kan
In Diagramm 9-10 kann Schwarz den dringend benötigten Zugang zu h1 bekommen, indem er nach c8 spielt, und damit die Ecke a8 angreift (Diagramm 9-11). Wenn Weiß versucht die Diagonale mit b7 zurückzubekommen, kontert Schwarz einfach mit a8, und erhält sich den Zugang zu h1. Natürlich kann Weiß auch in die h8 Ecke setzen und die Steine an der unteren Kante drehen, aber Schwarz spielt dann nach h1, und die drei anderen Kanten garantieren ihm einen bequemen Sieg. Wenn wir Diagramm 9-10 nur leicht verändern, indem wir den weißen Stein von b8 nach h7 verschieben, wird c8 für Schwarz nicht mehr funktionieren. Weiß wird einfach nach b7 spielen und Schwarz den Zugang zu h1 nehmen (Diagramm 9-12). Der Umstand, dass er in Diagramm 9-11 eine Ecke angreift, sichert Schwarz letztlich den Zugang zu h1.
 




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| Diagramm 8-7: || Diagramm 8-8: || Diagramm 8-9:
|   Diagramm 9-10: || Diagramm 9-11: || Diagramm 9-12:
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|  ||  Schwarz zuerst || Weiß zuerst
|  Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
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Es zahlt sich wirklich oft aus, eine, zwei oder sogar alle Ecken aufzugeben, wenn dadurch garantiert wird, dass du den letzten Zug in jeder Region setzen kannst. Diagramm 8-10 zeigt eine Position aus dem Finale der Weltmeisterschaft 2001. Weiß scheint in erheblichen Schwierigkeiten zu stecken. Die a8-Ecke musste bereits aufgegeben werden und schlimmer noch, Weiß hat keine sicheren Züge mehr. Da Weiß am Zug ist, muss er nun eine weitere Ecke aufgeben. Trotzdem hat Weiß auf Grund der Parität einen leichten Vorteil in diesem Spiel! Wie man sieht, haben bis auf die rechte untere Region (3 freie Felder), alle Regionen eine gerade Anzahl freier Felder.
== '''Ergreife die Diagonale''' ==


Diagramm 9-13 zeigt ein häufiges Endspielmuster. Es scheint, dass Schwarz verloren hat, doch es gibt für ihn noch einen Weg um zu gewinnen. Zuerst greift Schwarz die a8 Ecke an, indem er c8 spielt. Weiß muss natürlich mit g8 reagieren (Diagramm 9-14). Der Stein auf c6 ist nun nicht mehr Weiß, so dass Schwarz sich mit g2 die Diagonale nehmen kann, und Weiß hat verloren (Diagramm 9-15)




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| Diagramm 8-10: || Diagramm 8-11: || Diagramm 8-12:
|   Diagramm 9-13: || Diagramm 9-14: || Diagramm 9-15:
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| Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Perfektes Spiel
| Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug 
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Weiß sollte beginnen, in die ungerade Region zu spielen, zum Beispiel g7 oder g8. In diesem Fall ist g7 wesentlich besser, da Weiß dadurch die untere Kante am Ende des Spiels nehmen kann (wenn das für dich nicht klar ist, versuche im Diagramm 8-10 g8 zu spielen, danach spiele die Zugfolge in Diagramm 8-12, anstelle des vierten Zuges g8, setze nach g7). Das Resultat sehen wir im Diagramm 8-11. Beachte, dass es nun in allen vier Regionen eine gerade Anzahl freier Felder gibt. Unglücklicherweise wird Schwarz (mit einer Ausnahme) das Spiel in jede der vier Regionen initiieren müssen. Gleichzeitig ist es leicht für Weiß, den richtigen Zug zu finden: Jedesmal, wenn Schwarz in eine gerade Region spielt, folgt ihm Weiß einfach, indem in die selbe Region gespielt wird.
== '''Doppelter Eckangriff''' ==


Diagramm 8-12 zeigt perfektes Spiel beider Seiten (ich empfehle dir sehr, diese Zugfolge auf einem Speilbrett zu spielen). Beachte, wie Schwarz jedesmal in eine gerade Region spielt und dadurch eine ungerade Region für Weiß generiert. Weiß kann in fast allen Regionen den letzten Zug setzen. Nur bei den letzten beiden Feldern kann Weiß dazu gezwungen werden, in die gerade Region zu setzen, da Schwarz aussetzen muss. Weiß kann also von den letzten sieben Zügen sechs in eine ungerade Region setzen und durch diesen Vorteil einen 33-31 Sieg herausholen. In diesem Fall sprechen wir davon, dass Weiß durch Parität gewonnen hat oder, dass Weiß Parität hatte, da Weiß den letzen Zug in alle (oder fast alle) Regionen hatte.
Diagramm 9-16 zeigt ein Muster, welches häufig gegen Ende des Midgames oder im Endgame auftritt. Ich habe viele Spieler in dieser Situation, sofort die Ecke spielen sehen, weil sie befürchteten den Zugang zur Ecke zu verlieren. Das Problem bei a8 ist, dass Weiß mit e8 einen Keil an der unteren Kante spielen kann, und Schwarz bleiben nun kaum noch Zugmöglichkeiten (Diagramm 9-17). Es ist für Schwarz viel besser wenn er selbst e8 spielt, und die Ecke doppelt angreift (Diagramm 9-18). Im Vergleich der Diagramme 9-17 und 9-18 sind einige Vorteile für Schwarz zu sehen. In Diagramm 9-18 ist es egal wo Weiß spielt, Schwarz wird immer noch in der Lage sein die a8 Ecke zu spielen, und Weiß bekommt auch keinen Keil in die untere Kante. Des Weiteren ist Schwarz in Diagramm 9-17 an der Reihe, für sich einen Zug zu finden, in Diagramm 9-18 ist es umgekehrt.


Somit haben wir die Parität nur im Endspiel behandelt, aber sie kann auch früher im Spiel helfen, den richtigen Zug zu finden. Betrachten wir die Startposition vor dem ersten Zug. Das Brett hat 64 Felder, von denen 4 belegte und 60 freie Felder sind.
In manchem Sinne können die 60 leeren Felder als eine große gerade Region betrachtet werden. Mit dem ersten Zug des Spiels setzt Schwarz in eine gerade Region, mit dem zwiten Zug setzt Weiß in eine ungerade Region (59 leere Felder), und so weiter. Also wirkt sich die Parität, von Beginn des Spiels an, günstig für Weiß aus. Wenn das Spiel ohne Passen verläuft, wird Weiß, mit Zug 60, den letzten Zug des Spiels bekommen.


Wir haben vorhin im Diagramm 8-6 gesehen, dass diejenige Seite, die als erste spielt, verlieren wird. Parität weist uns darauf hin, dass wenn bisher keiner der Spieler aussetzen musste, Schwarz am Zug sein muss, da es eine gerade Anzahl freier Felder gibt. Weiß kann nur dann am Zug sein, wenn ein Spieler genau ein mal passen musste (oder es eine ungerade Zahl an Aussetzern gab). Genauso ist es in Diagramm 8-11 kein Zufall, dass Schwarz am Zug ist.


Während die oben genannten Beispiele möglicherweise darauf hinweisen, dass Weiß mit einem großen Vorteil ins Spiel geht, gibt es Möglichkeiten für Schwarz, die Parität für sich nutzen zu können. Zum Beispiel zeigt das Diagramm 8-13 eine Position aus einem Spiel bei den Weltmeisterschaften 1982. Schwarz wurde von Kunihito Tanida aus Japan gespielt, der später das Turnier gewann. Bis zu diesem Zeitpunkt musste keiner der Spieler passen, die Anzahl der freien Felder ist gerade, was uns sagt, dass Schwarz am Zug ist. Beachte jedoch, dass es anstatt einer geraden Region, zwei ungerade Regionen gibt: Drei Felder bei der linken oberen Ecke und das Feld e1. Beachte außerdem, dass Weiß nicht nach e1 setzen kann. Dieser Umstand ermöglicht es Schwarz mit dem Zug nach b1 zu gewinnen (Diagramm 8-14)! Gemäß dem Prinzip der Parität sollte Weiß in die ungerade Region e1 setzen. In diesem Fall hat Weiß aber keinen Zugang zu dieser Region und muss darum in die gerade Region setzen. Weiß kann a1 spielen, Schwarz bekommt jedoch mit b2 den letzen Zug in diese Region. Das Resultat sehen wir im Diagramm 8-15.
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Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug
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Nach einem doppelten Eckangriff gewinnt man fasst immer die Ecke. Wenn die Ecke wertvoll genug ist, solltest du nicht zögern dafür eine Kante zu opfern. In Diagramm 9-19 bist du vielleicht in Versuchung g7 oder h7 zu spielen, aber Schwarz hat mit e8 einen leichten Sieg (Diagramm 9-20). Damit opfert er die untere Kante, gewinnt jedoch viele sichere Steine, indem er an der linken und dder oberen Kante dreht (Diagramm 9-21).






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|   Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Weiß setzt aus
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz gewinnt
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Weiß hat immer noch keinen Zugang zu e1 und muss passen. Schwarz beendet das Spiel also selber mit dem Zug nach e1 und holt damit einen knappen 33-31 Sieg heraus (Diagramm 8-16). Da Schwarz den letzen Zug in jeder Region spielen konnte, sprechen wir davon, dass Schwarz Anti-Parität nutzte oder auch dass Schwarz Parität hatte.
== '''Doppelt unbalancierte Kante''' ==
 
In Diagramm 9-22 besitzt Weiß, an der Ecke a8, zwei gegenüberliegende unbalancierte Kanten. Dieses Muster ist fast immer verhängnisvoll, weil Schwarz nicht nur eine Ecke bekommt, sondern sich zudem aussuchen kann, welche Ecke er nimmt. In diesem Beispiel hat Schwarz zwei mögliche Eckangriffe, a7 und b8. Wenn Weiß als nächstes die a8 Ecke nimmt, kann Schwarz über die Kante eine Ecke gewinnen. Die Diagramme 9-23 und 9-24 zeigen die zwei verbreitetsten Zugfolgen. Die Frage ist: welche ist besser für Schwarz?






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|   Schwarz gewinnt || Schwarz ist am Zug || Weiß setzt aus
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug
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Wieder ist die Schlüsseleigenschaft von Diagramm 8-13, die Schwarz gewinnen lässt, der fehlende Zugang von Weiß zu einer ungeraden (hier ist es ein Feld, e1) Region. Da die Gesamtzahl der Felder gerade ist, muss die Zahl der restlichen Felder auf dem Brett auch ungerade sein (in diesem Fall 3 Felder, a1, b1 und b2).
Das läuft auf die Frage hinaus, welche Ecke für Schwarz wertvoller ist, a1 (Diagramm 9-23) oder h8 (Diagramm 9-24). Während h8 sicherlich nützlich ist, ist a1 viel wichtiger. A1 erlaubt Schwarz nicht nur die Ecke h1 zu nehmen, sondern er erhält auch noch einen freien Zug nach b2. Was man sich merken muss ist, um die a1 Ecke zu erhalten sollte Schwarz erst die andere (h8) Ecke angreifen, indem er wie in Diagramm 9-22 b8 spielt. Natürlich kann sich Weiß immer noch weigern dem Plan von Schwarz zu folgen und statt nach a8 einfach irgendwohin in die g-Spalte setzen. In diesem Fall kann Schwarz mit b7 fortfahren, in gewissem Sinne opfert er die a8 Ecke damit noch einmal, während er immer noch droht die h8 Ecke einzunehmen.
Wenn Schwarz diese Situation beim Spiel in die restlichen Felder erhalten kann, wirkt die Parität zu seinem Vorteil. Schwarz wird den letzten Spielstein in die restlichen Felder setzen können und Weiß muss aussetzen. Schließlich wird Schwarz in die ungerade Region setzen, zu der Weiß keinen Zugang hat. Da Schwarz als erstes in diese ungerade Region spielt, setzt er auch den letzten Stein.


Diagramm 8-17 zeigt ein weiteres Beispiel des gleichen Prinzips, aber diesmal sind es 16 leere Felder. Weiß hat hier keinen Zugang zu der Region oben links, die aus neun leeren Feldern besteht. Obwohl es für Schwarz viele Wege zu Sieg gibt, ist die einfachste Strategie das Nutzen der Parität. Diese sagt uns, dass Schwarz die Region oben links unberührt lassen, und zuerst den Rest des Brettes füllen soll. Eine mögliche Zugfolge wird in Diagramm 8-18 gezeigt. Beachte, dass Schwarz den letzten Zug erhält, denn wenn man die Region oben links nicht mitzählt, bleibt eine ungerade Zahl leerer Felder (in diesem Fall sieben). Weiß setzt aus und Schwarz setzt als erster in die obere Region, wobei e1 offensichtlich das Startfeld ist. Und weil diese Region oben links aus einer ungeraden Zahl leerer Felder besteht, erhält Schwarz auch hier den letzten Zug, und gewinnt spielend.


Wie dieses Beispiel zeigt kann es für Weiß gefährlich sein, sich selbst den Zugang zu einer ungeraden Region zu versperren. Dies heißt jedoch nicht, dass Weiß die Erzeugung einer ungeraden Region immer vermeiden soll. Diagramm 8-19 zeigt eine Position, welche oft im Spiel erfahrener Spieler auftritt. Hier ist die beste Strategie für Weiß, die lange schwarze Mauer unberührt zu lassen und an die obere Kante nach c1 (Diagramm 8-20) oder d1 (Diagramm 8-21) zu spielen. Die Parität legt nahe, dass d1 besser als c1 wäre, da c1 eine Region mit 3 freien Feldern oben links erzeugen würde, in die weiß nicht spielen kann, während man mit d1 eine Region mit 4 freien Feldern erhält. Jedoch sagen uns Spielerfahrung und Computeranalysen, c1 ist tatsächlich einen Hauch besser als d1.
== '''Stoner-Falle''' ==


Untersucht man nur, wie die obere linke Ecke ausgespielt wird, so würden die meisten erfahrenen Spieler zustimmen, dass c1 der beste Zug ist. In diesem Fall scheint der daraus entstehende Vorteil groß genug zu sein, um die schwierige Position in der Ecke oben links zu meistern. Denke immer daran, die Grundstrategie von Othello ist es, dem Gegner die guten Zugmöglichkeiten zu nehmen. Wenn Weiß, in Diagramm 8-20, Schwarz out of moves bringen kann, so wird Schwarz gezwungen sein, früher als er wollte, in die Ecke oben links zu spielen. Damit wird sich die Parität wieder einmal positiv für Weiß auswirken.
Dieser Tensuji wurde nach John Stoner benannt, einem der Gründungsmitglieder der US Othello Association. Ich habe diesen Tesuji-Eckangriff bis zuletzt aufgehoben, weil er komplizierter als die anderen, bisher von mir gezeigten Tesuji-Eckangriffe, ist. Wenn sie erfolgreich gespielt wird, garantiert diese Falle die Einnahme einer Ecke. Jedoch gibt es viele, oft sehr raffinierte Umstände, unter denen diese Falle nicht funktioniert. Wie bei den anderen Tesuji-Eckangriffen muss man darauf achten, wie viel man opfert um die Stoner-Falle aufzubauen, und dies mit dem Nutzen der Ecke vergleichen.
 
Diagramm 9-25 zeigt die Grundlagen zum Aufbau einer Stoner-Falle. In diesem Fall nutzt Schwarz die schwache Kante von Weiß, um die h8 Ecke anzugreifen. Schwarz sollte mit b7 beginnen (Diagramm 9-26). Beachte, dass Schwarz, mindestens für diesen Moment, die Diagonale kontrollieren muss, damit Weiß nicht einfach in die a8 Ecke spielen kann. Dies lässt Weiß nur 2 Möglichkeiten bei denen er nicht sofort die Ecke verliert: e2 und f2. Nehmen wir an Weiß spielt f2, damit dreht er f3 und bekommt Zugang zur a8 Ecke (Diagramm 9-27).






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| Diagramm 8-19 || Diagramm 8-20: || Diagramm 8-21:
| Diagramm 9-25: || Diagramm 9-26: || Diagramm 9-27:
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|   Weiß ist am Zug ||  Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug ||  Schwarz ist am Zug
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Schwarz spielt nun mit e8 einen starken Eckangriff (Diagramm 9-28). Er droht damit die h8 Ecke zu nehmen, und Weiß kann den Verlust der Ecke nur mit einem Zug nach b8 verhindern. Der Nachteil für Weiß ist das er mit b8 auch den Schwarzen Stein auf b7 dreht, den Schwarz in Diagramm 9-25 spielte. Jetzt kann Schwarz die a8 Ecke nehmen, und mit seinem nächsten Zug h8 (Diagramm 9-30). Auf diese Weise gewinnt man durch eine erfolgreich gespielte Stoner-Falle immer die in Angriff genommene Ecke. Wenn der Gegner versucht die Ecke zu verteidigen, indem er die Kante nimmt, dreht er das X-Feld und verliert 2 Ecken. Jedoch ist zu beachten, dass eine Stoner-Falle normalerweise den Verlust der am X-Feld angrenzenden Ecke bedeutet.
 
 
 
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|  [[Datei:RoseDia09-28.png]] || [[Datei:RoseDia09-29.png]] || [[Datei:RoseDia09-30.png]]
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|  Diagramm 9-28: || Diagramm 9-29: || Diagramm 9-30:
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|  Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Schwarz nimmt Ecke h8
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== '''Hyperparität''' ==
Es passiert sehr schnell, dass Spieler (aller Spielstärken) einen Tunnelblick bekommen, sobald sie die Möglichkeit sehen eine Stoner-Falle zu bauen. Sie konzentrieren sich so sehr auf den Tesuji, dass sie vergessen darüber nachzudenken ob es ihren Vorteil ausbaut. Betrachte zum Beispiel Diagramm 9-31. Hier kann Schwarz mit b7 eine Stoner-Falle Spielen. Damit kann Schwarz schließlich h8 gewinnen, aber wie viel ist h8 wert? Da Schwarz eine unbalancierte Kante hat, wird Weiß einfach h7 spielen können, und damit die h1 Ecke gewinnen. Des Weiteren lässt Schwarz, mit b7 einen ruhigen Zug auf e2, frei für Weiß. Dieser durchbricht schließlich die schwarze Diagonale, und Weiß gewinnt a8 und die linke Kante (Diagramm 9-32).
 
 
 
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|  [[Datei:RoseDia09-31.png]] || [[Datei:RoseDia09-32.png]] || [[Datei:RoseDia09-33.png]]
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|  Diagramm 9-31: || Diagramm 9-32: || Diagramm 9-33:
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| Schwarz ist am Zug || Schwarz b7, Weiß e2 || Weiß ist am Zug
|}


Parität sagt, dass es gewöhnlich ein Nachteil ist in eine Region mit einer geraden Anzahl von freien Feldern zu spielen. Eine Möglichkeit der Absicherung, dass du nicht in eine gerade Region spielen musst ist, wenn du keine gültige Zugmöglichkeit in diese Region hast. Auch wenn du auf dem ganzen Brett keine weitere Zugmöglichkeit hast, so wirst du einfach aussetzen, und der Gegner wird als erster in diese Region setzen müssen. In Japan wird dies '''Hyperparität''' (engl. hyper even number theory) oder nur kurz '''Hyper''' genannt.


In Diagramm 8-22 muss Schwarz entweder a1 oder b1 spielen. In jedem Fall wird Weiß den größten Teil der oberen Kante einnehmen und das Spiel gewinnen. Diagramm 8-23 zeigt die gleiche Position, nur dass der Stein auf b2 nun schwarz ist. In diesem Fall hat Schwarz keine gültige Zugmöglichkeit und muss aussetzen. Dies zwingt Weiß als erster in diese Region zu setzen, nun kann Schwarz die meisten Steine der oberen Kante behalten und so das Spiel gewinnen. Dieser Unterschied ist die Grundidee der Hyperparität.
Es ist weit besser für Schwarz, einfach den ruhigen Zug nach e2 zu spielen (Diagramm 9-33), Weiß spielen zu lassen, was immer Weiß spielen will, und b7 als wirkungsvolle Drohung offenlassen. Weiß könnte die Diagonale mit g7 ergreifen (Diagramm 9-34), aber Schwarz nimmt daraufhin die andere Diagonale mit b7, und Weiß hat verloren (Diagramm 9-35). Wenn Weiß stattdessen versucht, mit g2 die Bedrohung b7 zu stoppen, spielt Schwarz einfach d8 und hat einen leichten Sieg (Diagramm 9-36). Warum also eine Ecke opfern um eine Stoner-Falle zu spielen, wenn man dem Gegner einfach die Zugmöglichkeiten nehmen kann?






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|  [[Datei:RoseDia08-22.png]] || [[Datei:RoseDia08-23.png]] || [[Datei:RoseDia08-24.png]]
|  [[Datei:RoseDia09-34.png]] || [[Datei:RoseDia09-35.png]] || [[Datei:RoseDia09-36.png]]
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|   Diagramm 8-22: || Diagramm 8-23: || Diagramm 8-24:
| Diagramm 9-34: || Diagramm 9-35: || Diagramm 9-36:
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|   Schwarz ist am Zug || Schwarz setzt aus ||  Schwarz ist am Zug
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Nach g2, d8
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Diagramm 8-24 zeigt einen einfachen Weg, wie Schwarz eine Position aufbauen kann, die den Vorteil der Hyperparität nutzt. Hier sollte Schwarz mit h8 beginnen, wie in Diagramm 8-25 gezeigt. Wenn Weiß keinen Keil nach h7 setzt, so spielt Schwarz h7 mit seinem Nächsten Zug, bildet viele sichere Steine und gewinnt leicht. Also muss Weiß h7 spielen, die resultierende Position wird in Diagramm 8-26 gezeigt. Schwarz setzt nun aus, und Weiß muss als Erster in die Region oben rechts mit 4 freien Feldern spielen. Die perfekt gespielte Zugfolge wird in Diagramm 8-27 gezeigt; Schwarz erhält den letzten Zug, nimmt den größten Teil der rechten Kante ein und gewinnt das Spiel mit 36-28.
== '''Varianten der Stoner-Falle''' ==


Bis hierher haben wir nur die Standart Stoner-Falle betrachtet. Während dieses vermutlich das am häufigst gesehene Muster in Spielen ist, gibt es viele Variationen des Standards. Drei davon werden unten gezeigt. In jedem Fall kann Schwarz b7 Spielen, die h8 Ecke angreifen und folglich h8 einnehmen.
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| Diagramm 9-37: || Diagramm 9-38: || Diagramm 9-39:
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|  Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug
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Eine andere Art der Stoner-Falle wird in Diagramm 9-40 gezeigt. Hier beginnt Schwarz wieder damit b7 zu spielen (Diagramm 9-41). Weiß kann die Diagonale mit f2 durchbrechen, aber Schwarz spielt nun einen Eckangriff mit d8. Sollte Weiß nun die Kante mit c8 nehmen, dreht er dabei das X-Feld b7, und verliert so zwei Ecken (Diagramm 9-42). Während diese Art der Stoner-Falle relativ selten auftritt, ist sie meiner Erfahrung nach oft wirkungsvoller als die herkömmliche Art. Die geopferte Ecke ist meist nicht besonders wertvoll, und der Angreifer hat größere Chancen, in der Nähe der geopferten Ecke gute Züge zu finden. Im folgenden Abschnitt untersuchen wir einige Umstände, unter denen Stoner-Fallen fehlschlagen können.
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| Diagramm 9-40: || Diagramm 9-41: || Diagramm 9-42:
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| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug
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== '''Eine komische Sache geschah auf dem Weg zum X-Feld''' ==
Der häufigste Grund warum eine Stoner-Falle nicht Funktioniert ist, dass nachdem das X-Feld gespielt wurde, der Angreifer nicht in der Lage ist, den Eckangriff zu spielen. Betrachte das Beispiel Diagramm 9-43. Nehmen wir an, dass Schwarz sich entscheidet, beginnend mit b7, eine Stoner-Falle zu spielen (Diagramm 9-44). Schwarz droht damit die Ecke zu nehmen, indem er d8 spielt. Weiß kann dies aber verhindern, indem er auf d2 setzt (Diagramm 9-45)! Schwarz hat keinen Zugang zum Feld d8, und Weiß ist in der Diagonalen. Egal wo Schwarz spielt, Weiß wird in der Lage sein die a8 Ecke in seinem nächsten Zug zu nehmen, und die Stoner-Falle von Schwarz hat nicht funktioniert.
 




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|   Weiß ist am Zug || Schwarz setzt aus || Schwarz gewinnt
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
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Ein anderer Grund warum eine Stoner-Falle oft nicht funktioniert ist, dass der Gegner den Eckangriff sicher abwehren kann, ohne dabei das X-Feld zu drehen. Diagramm 9-46 ist eine veränderte Form von Diagramm 9-43. Hier ist Weiß, nach Schwarz b7; Weiß d2; in der Lage einen Eckangriff mit d8 abzuwähren (Diagramm 9-47). Ist Die B-Spalte völlig schwarz, ist Weiß in der Lage b8 zu spielen ohne dabei das X-Feld b7 zu drehen. Mehr Bespiele für Stoner-Fallen befinden sich am Ende des Kapitels.






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|  Diagramm 8-28: || Diagramm 8-29: || Diagramm 8-30:
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Diagramm 9-46: || Diagramm 9-47: || Diagramm 9-48:
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| Weiß ist am Zug || Schwarz setzt aus ||  Perfektes Spiel
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
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== '''Füttern des Gegners''' ==


Angenommen, in Diagramm 8-24 spielt Schwarz statt h8 nach h7, und erzeugt damit die in Diagramm 8-28 gezeigte Position. Nach der Parität sollte man, wie in Diagramm 8-29, in eine ungerade Region spielen. Jedoch muss Schwarz nun passen und Weiß muss als erstes in eine Region mit 4 Feldern spielen. Obwohl Weiß die Ecke einnehmen kann wird Schwarz mit perfektem Spiel 33-31 gewinnen (Diagramm 8-30).
== '''Übungen''' ==


Der einzige Weg, für Weiß in Diagramm 8-28 zu gewinnt, ist, er muss eine gültige Zugmöglichkeit für Schwarz in der 4-Felder-Region schaffen, damit schließlich Weiß den letzten Zug in diese Region erhält. Dies wird '''Fütterung des Gegners''' (engl. feeding the opponent) genannt. In diesem Fall sollte Weiß einen Zug von Schwarz erzwingen, indem er mit g1 anfängt (zu sehen in Diagramm 8-31). Egal wohin Schwarz als nächstes spielt, Weiß kann nun die Vorteile der Parität nutzen, indem er in die ungerade Region zieht, im Beispiel h8 (siehe Diagramme 8-32 und 8-33). Damit bleiben 2 leere Felder in der Region oben rechts und da Schwarz Zugang zu einem dieser Felder hat, erhält Weiß den letzten Zug in diese Region und gewinnt das Spiel mit 33-31.
 
Finde in jedem Diagramm den besten Zug. Die Lösungen findest du '''[[Rose:_Antworten#Kapitel_9|hier]].'''






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| Übung 9-1: || Übung 9-2: || Übung 9-3:
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|  Schwarz ist am Zug || Nach h1, h8 || Nach g2, h8
|  Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug
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|  Übung 9-4: || Übung 9-5: || Übung 9-6:
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| Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
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Die nachfolgenden Problemstellungen wurden von John Stoner erstellt und 1981 erstmals veröffentlicht. Stelle in jedem Diagramm fest, ob es sich um eine ausbruchsichere Stonerfalle handelt, wenn Weiß als erstes nach b7 spielt.


== '''Übungen''' ==




Finde In jedem Diagramm den besten Zu. Die Lösungen findest du '''[[Rose:_Antworten#Kapitel_8|hier]].'''
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|  Übung 9-7: || Übung 9-8: || Übung 9-9:
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| Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug|| Weiß ist am Zug
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|  Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug
|  Weiß ist am Zug|| Weiß ist am Zug|| Weiß ist am Zug
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|  Übung 9-13: || Übung 9-14 || Übung 9-15
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| Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug
| Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug
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Version vom 23. Dezember 2023, 12:55 Uhr

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Kapitel 9: Tesuji Teil I

Für das japanische Wort Tesuji (ausgesprochen: te wie Teller; su wie super; ji wie Jeep), gibt es keine gleichbedeutende Übersetzung, es wird gerne in Spielen wie Go und Shogi verwendet. Manchmal wird es einfach als „brillanter Zug“ übersetzt. Tesuji sind im Grunde nur gute Züge in bestimmten Positionen, die oft genug entstehen, um ihnen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Das Wissen über Tesuji wird dir nicht nur helfen Züge zu erkennen wenn sie möglich sind, sondern auch voraus zu schauen und zu verhindern, dass dein Gegner sie anwendet.

In diesem Kapitel betrachten wir Tesuji-Eckangriffe, in Kapitel 10 werden Swindels und andere Tesuji besprochen. Die grundlegende Idee aller Tesuji-Eckangiffe ist es, einen Zug zu machen, der eine Ecke angreift. Dies zwingt den Gegner, den Angriff abzuwehren oder die Ecke aufzugeben. Wenn beide Möglichkeiten für den Gegner schlecht sind, war der Angriff effektiv. Man sollte immer darauf achten, dass sich der Gegner in manchen Situationen leisten kann, eine Ecke aufzugeben. In diesen Fällen ist der Eckangriff ein schlechter Zug.


Zwinge deinen Gegner eine Wand zu bauen

Diagramm 9-1 zeigt ein Muster (ähnlich dem in Diagramm 5-11), das oft in Spielen von Anfängern erscheint. Weiß hat gerade b8 gespielt und gibt damit Schwarz die einmalige Gelegenheit die Ecke anzugreifen, indem er e8 spielt (Diagramm 9-2). In diesem Fall ist die a8 Ecke für Schwarz sehr wertvoll, da er davon ausgehend auch die a1 Ecke erlangen kann. Um den Verlust der Ecke zu verhindern, muss Weiß mit f8 antworten, damit bildet er eine riesige Wand quer über das Feld (Diagramm 9-3).


RoseDia09-01.png RoseDia09-02.png RoseDia09-03.png
Diagramm 9-1: Diagramm 9-2: Diagramm 9-3:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug


Sogar in Partien zwischen erfahrenen Spielern wird dieser Tesuji sehr wirkungsvoll eingesetzt. In Diagramm 9-4 sollte Schwarz nach f7 ziehen, denn er droht mit e8 in Diagramm 9-5 zu folgen. Weiß würde gerne mit g8 antworten aber das ist nicht möglich. Das Beste für Weiß ist, das drohende e8, durch das Spielen von g6 (Diagramm 9-6), zu vergiften. Wenn Schwarz jetzt e8 spielt, kann Weiß mit f8 antworten, ohne dass dabei die Steine auf f4 und f5 gedreht werden. Schwarz kann jedoch durch das Ziehen nach h6 (statt e8) die Bedrohung durch e8 wiederherstellen.


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Diagramm 9-4: Diagramm 9-5: Diagramm 9-6:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug


Zwinge deinen Gegner deine vergifteten Steine zu drehen

Diagramm 9-7 zeigt ein typisches Beispiel dieses Tesujis. In dieser Position scheint Schwarz die weiße Wand durchbrechen zu müssen, indem er g4, g5 oder g6 spielt. Ein Zug nach f3 könnte nun für Schwarz nicht schlecht sein, aber die Steine auf f7 und f8 vergiften diesen Zug. Schwarz kann den Zug nach f3 verbessern indem er zuerst c8 spielt, und damit die a8 Ecke angreift. Es bleibt für Weiß nur eine Wahl, er muss mit g8 die untere Kante nehmen (Diagramm 9-8). Dadurch werden die vergiftenden Steine gedreht, und Schwarz wird ein leiser Zug nach f3 ermöglicht (Diagramm 9-9). Nun muss Weiß durch die Wand von Schwarz brechen.


RoseDia09-07.png RoseDia09-08.png RoseDia09-09.png
Diagramm 9-7: Diagramm 9-8: Diagramm 9-9:
Schwarz ist am Zug Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug

Erlange Zugang zu einem entscheidenden Feld

In Diagramm 9-10 kann Schwarz den dringend benötigten Zugang zu h1 bekommen, indem er nach c8 spielt, und damit die Ecke a8 angreift (Diagramm 9-11). Wenn Weiß versucht die Diagonale mit b7 zurückzubekommen, kontert Schwarz einfach mit a8, und erhält sich den Zugang zu h1. Natürlich kann Weiß auch in die h8 Ecke setzen und die Steine an der unteren Kante drehen, aber Schwarz spielt dann nach h1, und die drei anderen Kanten garantieren ihm einen bequemen Sieg. Wenn wir Diagramm 9-10 nur leicht verändern, indem wir den weißen Stein von b8 nach h7 verschieben, wird c8 für Schwarz nicht mehr funktionieren. Weiß wird einfach nach b7 spielen und Schwarz den Zugang zu h1 nehmen (Diagramm 9-12). Der Umstand, dass er in Diagramm 9-11 eine Ecke angreift, sichert Schwarz letztlich den Zugang zu h1.


RoseDia09-10.png RoseDia09-11.png RoseDia09-12.png
Diagramm 9-10: Diagramm 9-11: Diagramm 9-12:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug


Ergreife die Diagonale

Diagramm 9-13 zeigt ein häufiges Endspielmuster. Es scheint, dass Schwarz verloren hat, doch es gibt für ihn noch einen Weg um zu gewinnen. Zuerst greift Schwarz die a8 Ecke an, indem er c8 spielt. Weiß muss natürlich mit g8 reagieren (Diagramm 9-14). Der Stein auf c6 ist nun nicht mehr Weiß, so dass Schwarz sich mit g2 die Diagonale nehmen kann, und Weiß hat verloren (Diagramm 9-15)


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Diagramm 9-13: Diagramm 9-14: Diagramm 9-15:
Schwarz ist am Zug Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug 


Doppelter Eckangriff

Diagramm 9-16 zeigt ein Muster, welches häufig gegen Ende des Midgames oder im Endgame auftritt. Ich habe viele Spieler in dieser Situation, sofort die Ecke spielen sehen, weil sie befürchteten den Zugang zur Ecke zu verlieren. Das Problem bei a8 ist, dass Weiß mit e8 einen Keil an der unteren Kante spielen kann, und Schwarz bleiben nun kaum noch Zugmöglichkeiten (Diagramm 9-17). Es ist für Schwarz viel besser wenn er selbst e8 spielt, und die Ecke doppelt angreift (Diagramm 9-18). Im Vergleich der Diagramme 9-17 und 9-18 sind einige Vorteile für Schwarz zu sehen. In Diagramm 9-18 ist es egal wo Weiß spielt, Schwarz wird immer noch in der Lage sein die a8 Ecke zu spielen, und Weiß bekommt auch keinen Keil in die untere Kante. Des Weiteren ist Schwarz in Diagramm 9-17 an der Reihe, für sich einen Zug zu finden, in Diagramm 9-18 ist es umgekehrt.


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Diagramm 9-16: Diagramm 9-17: Diagramm 9-18:
Schwarz ist am Zug Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug


Nach einem doppelten Eckangriff gewinnt man fasst immer die Ecke. Wenn die Ecke wertvoll genug ist, solltest du nicht zögern dafür eine Kante zu opfern. In Diagramm 9-19 bist du vielleicht in Versuchung g7 oder h7 zu spielen, aber Schwarz hat mit e8 einen leichten Sieg (Diagramm 9-20). Damit opfert er die untere Kante, gewinnt jedoch viele sichere Steine, indem er an der linken und dder oberen Kante dreht (Diagramm 9-21).


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Diagramm 9-19: Diagramm 9-20: Diagramm 9-21:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Schwarz gewinnt


Doppelt unbalancierte Kante

In Diagramm 9-22 besitzt Weiß, an der Ecke a8, zwei gegenüberliegende unbalancierte Kanten. Dieses Muster ist fast immer verhängnisvoll, weil Schwarz nicht nur eine Ecke bekommt, sondern sich zudem aussuchen kann, welche Ecke er nimmt. In diesem Beispiel hat Schwarz zwei mögliche Eckangriffe, a7 und b8. Wenn Weiß als nächstes die a8 Ecke nimmt, kann Schwarz über die Kante eine Ecke gewinnen. Die Diagramme 9-23 und 9-24 zeigen die zwei verbreitetsten Zugfolgen. Die Frage ist: welche ist besser für Schwarz?


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Diagramm 9-22: Diagramm 9-23: Diagramm 9-24:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Weiß ist am Zug


Das läuft auf die Frage hinaus, welche Ecke für Schwarz wertvoller ist, a1 (Diagramm 9-23) oder h8 (Diagramm 9-24). Während h8 sicherlich nützlich ist, ist a1 viel wichtiger. A1 erlaubt Schwarz nicht nur die Ecke h1 zu nehmen, sondern er erhält auch noch einen freien Zug nach b2. Was man sich merken muss ist, um die a1 Ecke zu erhalten sollte Schwarz erst die andere (h8) Ecke angreifen, indem er wie in Diagramm 9-22 b8 spielt. Natürlich kann sich Weiß immer noch weigern dem Plan von Schwarz zu folgen und statt nach a8 einfach irgendwohin in die g-Spalte setzen. In diesem Fall kann Schwarz mit b7 fortfahren, in gewissem Sinne opfert er die a8 Ecke damit noch einmal, während er immer noch droht die h8 Ecke einzunehmen.


Stoner-Falle

Dieser Tensuji wurde nach John Stoner benannt, einem der Gründungsmitglieder der US Othello Association. Ich habe diesen Tesuji-Eckangriff bis zuletzt aufgehoben, weil er komplizierter als die anderen, bisher von mir gezeigten Tesuji-Eckangriffe, ist. Wenn sie erfolgreich gespielt wird, garantiert diese Falle die Einnahme einer Ecke. Jedoch gibt es viele, oft sehr raffinierte Umstände, unter denen diese Falle nicht funktioniert. Wie bei den anderen Tesuji-Eckangriffen muss man darauf achten, wie viel man opfert um die Stoner-Falle aufzubauen, und dies mit dem Nutzen der Ecke vergleichen.

Diagramm 9-25 zeigt die Grundlagen zum Aufbau einer Stoner-Falle. In diesem Fall nutzt Schwarz die schwache Kante von Weiß, um die h8 Ecke anzugreifen. Schwarz sollte mit b7 beginnen (Diagramm 9-26). Beachte, dass Schwarz, mindestens für diesen Moment, die Diagonale kontrollieren muss, damit Weiß nicht einfach in die a8 Ecke spielen kann. Dies lässt Weiß nur 2 Möglichkeiten bei denen er nicht sofort die Ecke verliert: e2 und f2. Nehmen wir an Weiß spielt f2, damit dreht er f3 und bekommt Zugang zur a8 Ecke (Diagramm 9-27).


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Diagramm 9-25: Diagramm 9-26: Diagramm 9-27:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug


Schwarz spielt nun mit e8 einen starken Eckangriff (Diagramm 9-28). Er droht damit die h8 Ecke zu nehmen, und Weiß kann den Verlust der Ecke nur mit einem Zug nach b8 verhindern. Der Nachteil für Weiß ist das er mit b8 auch den Schwarzen Stein auf b7 dreht, den Schwarz in Diagramm 9-25 spielte. Jetzt kann Schwarz die a8 Ecke nehmen, und mit seinem nächsten Zug h8 (Diagramm 9-30). Auf diese Weise gewinnt man durch eine erfolgreich gespielte Stoner-Falle immer die in Angriff genommene Ecke. Wenn der Gegner versucht die Ecke zu verteidigen, indem er die Kante nimmt, dreht er das X-Feld und verliert 2 Ecken. Jedoch ist zu beachten, dass eine Stoner-Falle normalerweise den Verlust der am X-Feld angrenzenden Ecke bedeutet.


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Diagramm 9-28: Diagramm 9-29: Diagramm 9-30:
Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug Schwarz nimmt Ecke h8


Es passiert sehr schnell, dass Spieler (aller Spielstärken) einen Tunnelblick bekommen, sobald sie die Möglichkeit sehen eine Stoner-Falle zu bauen. Sie konzentrieren sich so sehr auf den Tesuji, dass sie vergessen darüber nachzudenken ob es ihren Vorteil ausbaut. Betrachte zum Beispiel Diagramm 9-31. Hier kann Schwarz mit b7 eine Stoner-Falle Spielen. Damit kann Schwarz schließlich h8 gewinnen, aber wie viel ist h8 wert? Da Schwarz eine unbalancierte Kante hat, wird Weiß einfach h7 spielen können, und damit die h1 Ecke gewinnen. Des Weiteren lässt Schwarz, mit b7 einen ruhigen Zug auf e2, frei für Weiß. Dieser durchbricht schließlich die schwarze Diagonale, und Weiß gewinnt a8 und die linke Kante (Diagramm 9-32).


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Diagramm 9-31: Diagramm 9-32: Diagramm 9-33:
Schwarz ist am Zug Schwarz b7, Weiß e2 Weiß ist am Zug


Es ist weit besser für Schwarz, einfach den ruhigen Zug nach e2 zu spielen (Diagramm 9-33), Weiß spielen zu lassen, was immer Weiß spielen will, und b7 als wirkungsvolle Drohung offenlassen. Weiß könnte die Diagonale mit g7 ergreifen (Diagramm 9-34), aber Schwarz nimmt daraufhin die andere Diagonale mit b7, und Weiß hat verloren (Diagramm 9-35). Wenn Weiß stattdessen versucht, mit g2 die Bedrohung b7 zu stoppen, spielt Schwarz einfach d8 und hat einen leichten Sieg (Diagramm 9-36). Warum also eine Ecke opfern um eine Stoner-Falle zu spielen, wenn man dem Gegner einfach die Zugmöglichkeiten nehmen kann?


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Diagramm 9-34: Diagramm 9-35: Diagramm 9-36:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Nach g2, d8


Varianten der Stoner-Falle

Bis hierher haben wir nur die Standart Stoner-Falle betrachtet. Während dieses vermutlich das am häufigst gesehene Muster in Spielen ist, gibt es viele Variationen des Standards. Drei davon werden unten gezeigt. In jedem Fall kann Schwarz b7 Spielen, die h8 Ecke angreifen und folglich h8 einnehmen.


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Diagramm 9-37: Diagramm 9-38: Diagramm 9-39:
Schwarz ist am Zug Schwarz ist am Zug Schwarz ist am Zug


Eine andere Art der Stoner-Falle wird in Diagramm 9-40 gezeigt. Hier beginnt Schwarz wieder damit b7 zu spielen (Diagramm 9-41). Weiß kann die Diagonale mit f2 durchbrechen, aber Schwarz spielt nun einen Eckangriff mit d8. Sollte Weiß nun die Kante mit c8 nehmen, dreht er dabei das X-Feld b7, und verliert so zwei Ecken (Diagramm 9-42). Während diese Art der Stoner-Falle relativ selten auftritt, ist sie meiner Erfahrung nach oft wirkungsvoller als die herkömmliche Art. Die geopferte Ecke ist meist nicht besonders wertvoll, und der Angreifer hat größere Chancen, in der Nähe der geopferten Ecke gute Züge zu finden. Im folgenden Abschnitt untersuchen wir einige Umstände, unter denen Stoner-Fallen fehlschlagen können.


RoseDia09-40.png RoseDia09-41.png RoseDia09-42.png
Diagramm 9-40: Diagramm 9-41: Diagramm 9-42:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Weiß ist am Zug


Eine komische Sache geschah auf dem Weg zum X-Feld

Der häufigste Grund warum eine Stoner-Falle nicht Funktioniert ist, dass nachdem das X-Feld gespielt wurde, der Angreifer nicht in der Lage ist, den Eckangriff zu spielen. Betrachte das Beispiel Diagramm 9-43. Nehmen wir an, dass Schwarz sich entscheidet, beginnend mit b7, eine Stoner-Falle zu spielen (Diagramm 9-44). Schwarz droht damit die Ecke zu nehmen, indem er d8 spielt. Weiß kann dies aber verhindern, indem er auf d2 setzt (Diagramm 9-45)! Schwarz hat keinen Zugang zum Feld d8, und Weiß ist in der Diagonalen. Egal wo Schwarz spielt, Weiß wird in der Lage sein die a8 Ecke in seinem nächsten Zug zu nehmen, und die Stoner-Falle von Schwarz hat nicht funktioniert.


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Diagramm 9-43: Diagramm 9-44: Diagramm 9-45:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug


Ein anderer Grund warum eine Stoner-Falle oft nicht funktioniert ist, dass der Gegner den Eckangriff sicher abwehren kann, ohne dabei das X-Feld zu drehen. Diagramm 9-46 ist eine veränderte Form von Diagramm 9-43. Hier ist Weiß, nach Schwarz b7; Weiß d2; in der Lage einen Eckangriff mit d8 abzuwähren (Diagramm 9-47). Ist Die B-Spalte völlig schwarz, ist Weiß in der Lage b8 zu spielen ohne dabei das X-Feld b7 zu drehen. Mehr Bespiele für Stoner-Fallen befinden sich am Ende des Kapitels.


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Diagramm 9-46: || Diagramm 9-47: || Diagramm 9-48:

Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug



Übungen

Finde in jedem Diagramm den besten Zug. Die Lösungen findest du hier.


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Übung 9-1: Übung 9-2: Übung 9-3:
Schwarz ist am Zug Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug


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Übung 9-4: Übung 9-5: Übung 9-6:
Weiß ist am Zug Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug


  Die nachfolgenden Problemstellungen wurden von John Stoner erstellt und 1981 erstmals veröffentlicht. Stelle in jedem Diagramm fest, ob es sich um eine ausbruchsichere Stonerfalle handelt, wenn Weiß als erstes nach b7 spielt.


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Übung 9-7: Übung 9-8: Übung 9-9:
Weiß ist am Zug Weiß ist am Zug Weiß ist am Zug


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Übung 9-10: Übung 9-11: Übung 9-12:
Weiß ist am Zug Weiß ist am Zug Weiß ist am Zug


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Übung 9-13: Übung 9-14 Übung 9-15
Weiß ist am Zug Weiß ist am Zug Weiß ist am Zug



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