Rose: Kapitel 6

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Kapitel 6: Grundlegende Endspielstrategie

Wenn du das Glück hast, während der Eröffnung und dem Mittelspiel eine komfortable Führung herauszuspielen, wird das Endspiel eine relativ einfache Aufräumaktion. Erreicht jedoch kein Spieler einen nennenswerten Vorteil, wird das Endspiel extrem schwierig. Sogar bei den besten Spielern entscheiden oftmals die letzten paar Züge über Sieg und Niederlage. Im Unterschied zu anderen Strategiespielen, füllt sich das Brett im Verlauf des Spiels zunehmend. Also müssen immer mehr Steine pro Zug gedreht werden. Diese schnellen Wechsel zwischen Glück und Unglück sind ein Grund dafür, dass Othello ein Spiel ist, das häufig bis zum Schluß spannend bleibt. In diesem Kapitel werden wir uns den grundsätzlichen Strategien fürs Endspiel widmen, während wir uns die schwierigeren Überlegungen für Kapitel 8 und 13 aufheben.


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Diagramm 6-1: Diagramm 6-2: Diagramm 6-3:
Schwarz ist am Zug Schwarz 53 - Weiß 10


In Diagramm 6–1 hat Weiß wenige Zugmöglichkeiten, Schwarz dagegen die Kontrolle des Spielverlaufs. Schwarz kann Weiß einfach dazu zwingen, die Ecken aufzugeben und die Seiten übernehmen. Diagramm 6–2 zeigt eine mögliche Zugfolge, Diagramm 6–3 das daraus resultierende Ergebnis. Beachte, dass bei diesem Spielverlauf Weiß durchweg wenige Wahlmöglichkeiten hat, und Schwarz immer mehr sichere Steine ansammelt. Allgemein gilt, wenn du deinen Gegner erstmals zu einem unsicheren Zug zwingen kannst, solltest du ihn nicht mehr ins Spiel kommen lassen. Ich habe viele Beispiele gesehen, in denen ein Spieler seinen Gegner wieder ins Spiel kommen ließ, weil er das Endspiel zu extravagant gestaltete und auch noch den letzten möglichen Stein erzwingen wollte, anstatt den einfachsten, erfolgversprechenden Weg zu wählen. Da sich das Brett rasant verändert, kann man leicht eine Kleinigkeit übersehen. Denke immer daran, dass im Endspiel das Einfache am besten ist.

Diagramm 6–4 zeigt ein weiteres Beispiel, in dem Weiß wenige Zugmöglichkeiten hat. Wiederum sollte Schwarz nach dem einfachsten Weg zum Sieg suchen. Zwar ist es möglich, die Ecken zu übernehmen und zu gewinnen, aber es ist nicht ganz einfach, sich aus den Ecken heraus weiter zu entwickeln. Im Beispiel von Diagramm 6–5 nimmt Schwarz a8, Weiß spielt diagonal b5, und Schwarz kann nicht von a8 aus weiterbauen. Der einfachste Weg zum Erfolg wird in Diagramm 6–6 gezeigt. Schwarz beginnt mit a7, gibt damit bewusst die Ecke a8 ab, und spielt dann a6, um Weiß noch die vier Kantensteine zu überlassen.


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Diagramm 6-4: Diagramm 6-5: Diagramm 6-6:
Schwarz ist am Zug


Schwarz kann die Züge in der a1 Ecke wiederholen, so in Diagramm 6–7 dargestellt. Nachdem die letzten 4 Felder nach Diagramm 6–8 belegt werden, entsteht das Endergebnis im Diagramm 6–9. Beachte, dass Weiß zwar den linken Rand übernommen, sonst aber nicht viel erreicht hat. Schwarz hat viele Steine in der Brettmitte erobert, daher nennt man diese Technik im englischen einen interior sweep. Bemerkenswert ist außerdem, dass Weiß zu jedem Zug innerhalb dieser Zugfolge gezwungen wurde.


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Diagramm 6-7: Diagramm 6-8: Diagramm 6-9:
Schwarz ist am Zug Schwarz gewinnt 42 – 22


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Diagramm 6-10: Diagramm 6-11: Diagramm 6-12:
Schwarz ist am Zug Schwarz nach a7 verliert Schwarz nach a2 gewinnt


Es gibt viele Situationen, in denen man die Ecke nehmen sollte, es ist aber für gewöhnlich einfacher, das Spiel mit einem interior sweep zu beenden. Es ist oft möglich, dem Gegner jeweils nur einen möglichen Zug zu überlassen, während man im innern immer mehr sichere Steine sammelt.

Diagramm 6-10 zeigt ein weiteres Beispiel, das dem Diagramm 6-4 ähnelt, mit dem Unterschied, dass der Vorteil von Schwarz viel geringer ist, da der untere Rand weiß ist. Schwarz will wieder einen interior sweep durchführen; es ist jedoch zu beachten, dass Schwarz mit a2 vor a7 beginnen muss. Setzt er zuerst a7, so dargestellt in Diagramm 6-11, endet Weiß mit den meisten Steinen und Schwarz verliert. Für Schwarz ist es viel besser, mit a2 in der Nähe seines eigenen Randes zu starten (Diagramm 6-12). Schwarz kann nun einen sauberen interior sweep ausüben und die meisten Steine aus Reihe 7 später erobern, wenn es für Weiß bereits zu spät ist, um sie sich zurückzuholen.

Interior sweeps können auch bei gegenüberliegenden Ecken angewendet werden (Diagramm 6-13). Schwarz könnte natürlich auch Züge wie e1 ziehen, um dann mit Hilfe von e4 die Ecken zu nehmen; aber es ist viel einfacher mit einem interior sweep, wie er in Diagramm 6-14 dargestellt ist, zu gewinnen.


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Diagramm 6-13: Diagramm 6-14: Diagramm 6-15:
Schwarz ist am Zug Endposition


Diagonale Kontrolle

Die vorangehenden Beispiele waren relativ einfach, da eine Seite schon fast keine Zugmöglichkeiten mehr hatte. Ein gern genommener Weg, solche Situationen zu erhalten, ist die diagonale Kontrolle, das heißt: alle Steine auf einer diagonalen Linie zu ergattern. Auch wenn man diesen Ausdruck für jede Diagonale auf dem Brett nehmen könnte, bezieht sich dieser Ausdruck im Endspiel normalerweise auf die Diagonalen die von a1 nach h8 oder von a8 nach h1 verlaufen, wie in Diagramm 6-16 dargestellt. Normalerweise nennt man diese Diagonalen Hauptdiagonalen, auch wenn sie in Japan oft als whiteline und blackline (entsprechend der Farbe der Steine bei der Startaufstellung) bezeichnet werden.

Die diagonale Kontrolle gibt dir oftmals die Möglichkeit, ein X-Feld, manchmal sogar beide, auf der gleichen Diagonale zu belegen, ohne dem Gegner eine Ecke anzubieten. Diese Züge sind normalerweise mit einem Tempogewinn verbunden. Häufig führen sie dazu, dass dem Gegner die spielbaren Züge ausgehen. Diagramm 6-17 zeigt ein Beispiel, um den Grundgedanken zu veranschaulichen. Weiß sollte g7 spielen, um die Hauptdiagonale, wie in Diagramm 6-18 gezeigt, zu kontrollieren. Schwarz hat keine andere Wahl, als mit g8 zu antworten und dabei Weiß das Wenden entlang der Ränder zu ermöglichen. Weiß gewinnt somit einfach.


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Diagramm 6-16: Diagramm 6-17: Diagramm 6-18:
die Hauptdiagonalen Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug


Positionen, ähnlich der in Diagramm 6-17, entstehen häufig bei Spielen, in denen beide Spieler den Grundsatz, X-Felder zu meiden, verfolgen. In diesen Spielen wird das Feld fast vollständig gefüllt; X-Felder und Ecken bleiben bis zuletzt leer. Kann ein Spieler die Diagonale kontrollieren, so wie in Diagramm 6-18, wird es oft ein einseitiges Endspiel zugunsten dieses Spielers. Manchmal schnappt sich jeder Spieler eine der Diagonalen. In diesem Fall hängt der Ausgang des Spiels davon ab, welchem Spieler zuerst die spielbaren Züge ausgehen. Oft wird es kritisch, wenn du beide X-Felder einer Diagonalen besetzt.


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Diagramm 6-19: Diagramm 6-20: Diagramm 6-21:
Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug


Zum Beispiel ist Diagramm 6-19 identisch zu Diagramm 6-17, mit der Ausnahme, dass der Stein auf f3 nun weiß ist. Kontrolliert Weiß die whiteline durch g7, kann Schwarz die blackline mit g2 übernehmen (Diagramm 6-20). In diesem Fall macht Weiß mit b2 weiter, Schwarz gehen die guten Züge aus, und Weiß gewinnt (Diagramm 6-21). Hätte Weiß keinen Zugriff auf b2 (beispielsweise durch Schwärzen des Steines auf b4), gingen Weiß die spielbaren Züge zuerst aus und Schwarz gewänne. Demzufolge ist es wichtig, auch wenn du zunächst die X-Felder meiden möchtest, im späteren Spiel Zugriff auf diese Felder zu haben. Das Muster um die a8-Ecke in Diagramm 6-19, wo Schwarz keine Chance hat, b7 zu besetzen, stellt eine große Bürde für Schwarz dar. Experten widerstrebt es, in der Regel ein solches Muster aufzubauen, weil sich dieses im späteren Spiel negativ auswirken kann.


Durchbrechen der Diagonalen

Während in den obigen Beispielen die diagonale Kontrolle ständig vorhanden war, ist sie meist jedoch nur zeitlich begrenzt. In der Tat hoffen wir darauf, dass wir die angrenzende Ecke nehmen können, wenn es uns gelingt, den Gegner auf ein X-Feld zu zwingen. Wenn der Gegner ein X-Feld besetzt, um die Kontrolle der Diagonalen zu erhalten, müssen wir die Diagonale durchbrechen. Das heißt: wir müssen einen eigenen Stein in die gegnerisch kontrollierten Diagonalen einsetzen. Wir haben davon bereits ein Beispiel in den Diagrammen 2-4 und 2-5 gesehen.

Natürlich wird der Spieler, welcher die Diagonale kontrolliert, darauf bedacht sein, seinen Gegner von derselben fernzuhalten. Oft folgt einem Zug, der die Diagonale durchbricht, ein anderer, der die gedrehten Steine in der Diagonale wieder zurückdreht. Schlachten um eine diagonale Kontrolle können manchmal über mehrere Züge andauern, und sogar für Experten ist es oft schwer zu entscheiden, ob die Diagonale eventuell durchbrochen werden kann.


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Diagramm 6-22: Diagramm 6-23: Diagramm 6-24:
Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug


Diagramm 6-22 zeigt ein Spiel, bei dem Schwarz die guten Züge ausgegangen sind und in seiner Verzweiflung g7 spielte, um die Kontrolle der whiteline zu erhalten. Wenn es Weiß gelingt, diese Diagonale zu durchbrechen, wird er die h8-Ecke nehmen, und entlang der Seiten die schwarzen wegfegen und somit einem riesigen Vorsprung gewinnen. In diesem Beispiel ist es jedoch nicht einfach, die Diagonale auf Dauer zu durchbrechen. Weiß hat vier Züge, die die Diagonale durchbrechen, nämlich b3, b4, b5 und b6; aber in jedem Fall gelingt es Schwarz die Kontrolle zurückzuerlangen (jeweils a3, a4, a5 oder a7). Versucht zum Beispiel Weiß b4 (Diagramm 6-23), antwortet Schwarz mit a4 (Diagramm 6-24). Nun bleibt Weiß b3 als einzige Möglichkeit, die Diagonale zum 2. Mal zu durchbrechen; aber Schwarz kontrolliert die Diagonale nach a3 (Diagramm 6-26) erneut. Plötzlich gewinnt Schwarz das Spiel.

Wenn du versuchst, eine Diagonale zu durchbrechen, ist es oftmals am besten, diagonal zu drehen. Ausgehend von Diagramm 6-22, sollte Weiß b6 spielen und den Stein auf d4 drehen, wie in Diagramm 6-27 gezeigt. Schwarz bleibt nicht viel anderes übrig als a7, um sich die Kontrolle der Diagonalen zu erhalten (Diagramm 6-28). A7 ist jedoch ein C-Feld und wie wir aus Kapitel 2 wissen, leicht angreifbar.


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Diagramm 6-25: Diagramm 6-26: Diagramm 6-27:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug


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Diagramm 6-28: Diagramm 6-29: Diagramm 6-30:
Weiß ist am Zug


Eine Möglichkeit für Weiß ist, mit a6 die a8-Ecke anzugreifen (Diagramm 6-29). Schwarz muss den Rand mit a5 nehmen. Nun kann Weiß b5 spielen und die Diagonale durch das Drehen des Steines auf e5 durchbrechen. Da a5 besetzt ist, hat Schwarz keine Möglichkeit, e5 zurück zu erobern. Eine andere Möglichkeit für Weiß in Diagramm 6-28 ist b5, wieder um die Diagonale bei e5 zu durchbrechen (Diagramm 6-30). Mit a5 kann Schwarz e5 zurückdrehen, dann aber besetzt Weiß a6, um beim nächsten Zug die a8-Ecke zu nehmen und so leicht zu gewinnen.

Zurück zu Kapitel 5, Diagramm 5-21. Es wird gezeigt, wie ein Spieler zwei Felder am Rand freilässt. Während diese Zugkombination zunächst oft hilft, Tempo zu gewinnen, kann das zweifellos ein großes Problem im Endspiel im Zusammenhang mit der diagonalen Kontrolle darstellen. In Diagramm 6-31 hat Schwarz gerade g2 gespielt, um die diagonale Kontrolle und gleichzeitig einen großen Block sicherer Steine zu erhalten. Schwarz scheint das Spiel gewonnen zu haben, aber Weiß kann mit h5 die Diagonale durchbrechen (Diagramm 6-32) und gewinnen. Wäre das Paar h4-h5, wie in Diagramm 6-33 bereits gefüllt, hat weiß keine Chance auf einen Gewinn. Weiß sollte solche Paare wie h4-h5 leer lassen, bis durch das Besetzen der Felder ein klarer Vorteil entsteht.


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Diagramm 6-31: Diagramm 6-32: Diagramm 6-33:
Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug


Vorstellung von Swindles

Kapitel 5 hat das Konzept eines Paares vorgestellt. Ein Swindle entsteht, wenn ein Spieler mit beiden Steinen ein Paar belegen kann, weil der Gegner keinen regulären Zugang zu dem zweiten Feld mehr hat. In Diagramm 6-34 könnte es offensichtlich sein, dass Schwarz h8 spielen sollte, um die ganze rechte Kante zu erhalten. Weiß beendet dann aber das Spiel mit g8 (Diagramm 6-35) und gewinnt 33-31. Schauen wir uns an, was passiert, wenn Schwarz stattdessen g8 spielt: Weiß erlag einem Swindle; er hat keinen Zugriff auf h8 und muss passen. Schwarz beendet das Spiel mit h8 und gewinnt 36-28. (Diagramm 6-37).


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Diagramm 6-34: Diagramm 6-35: Diagramm 6-36:
Schwarz ist am Zug Schwarz h8, Weiß g8 Schwarz ist am Zug


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Diagramm 6-37: Diagramm 6-38: Diagramm 6-39:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug


Diagramm 6-38 zeigt ein weiteres Beispiel für ein Swindle. Angenommen, Schwarz spielt a1, wie in Diagramm 6-39, dann würde Weiß gerne b1 belegen, um Zugang für die Ecke h1 zu erhalten. In diesem Fall geht das aber nicht, weil Weiß keinen Stein in der b-Reihe besitzt. Schwarz wird diesen Zug später selbst durchführen und so viele sichere Steine erhalten. Beachte auch, wie Schwarz durch dieses Swindle Tempo gewinnt. Wir befassen uns noch sehr viel detaillierter in Kapitel 10 mit Swindles.




Übungen

Finde in jedem Diagramm den besten Zug. Die Lösungen findest du hier.


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Übung 6-1: Übung 6-2: Übung 6-3:
Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug Weiß ist am Zug


RoseExe06-04.png RoseExe06-05.png RoseExe06-06.png
Übung 6-4: Übung 6-5: Übung 6-6:
Weiß ist am Zug Schwarz ist am Zug Schwarz ist am Zug



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