Rose: Kapitel 9 und Rose: Kapitel 11: Unterschied zwischen den Seiten

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= '''Kapitel 9: Tesuji Teil I''' =
= '''Kapitel 11: Bucheröffnungen''' =


Für das japanische Wort Tesuji (ausgesprochen: ''te'' wie Teller;  ''su'' wie super; ''ji'' wie Jeep), gibt es keine gleichbedeutende Übersetzung, es wird gerne in Spielen wie Go und Shogi verwendet. Manchmal wird es einfach als „brillanter Zug“ übersetzt. Tesuji sind im Grunde nur gute Züge in bestimmten Positionen, die oft genug entstehen, um ihnen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Das Wissen über Tesuji wird dir nicht nur helfen Züge zu erkennen wenn sie möglich sind, sondern auch voraus zu schauen und zu verhindern, dass dein Gegner sie anwendet.
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Bucheröffnungen, also Zügen und Zugfolgen die schon vor dem Spielbeginn verinnerlicht wurden. Ein Eröffnungsbuch ist eine Sammlung von Eröffnungen. Wie bereits im Kapitel 4 erwähnt wurde, sollten sich Anfänger nicht zu viele Gedanken um Eröffnungen machen. Viel wichtiger sind derartig vorbereitete Eröffnungen gegen fortgeschrittene Spieler. Statt hier eine lange Liste an Eröffnungen zu präsentieren, soll dich dieses Kapitel dabei unterstützen, deine eigenen Eröffnungen zu entwickeln.  


In diesem Kapitel betrachten wir Tesuji-Eckangriffe, in Kapitel 10 werden Swindels und andere Tesuji besprochen. Die grundlegende Idee aller Tesuji-Eckangiffe ist es, einen Zug zu machen, der eine Ecke angreift. Dies zwingt den Gegner, den Angriff abzuwehren oder die Ecke aufzugeben. Wenn beide Möglichkeiten für den Gegner schlecht sind, war der Angriff effektiv. Man sollte immer darauf achten, dass sich der Gegner in manchen Situationen leisten kann, eine Ecke aufzugeben. In diesen Fällen ist der Eckangriff ein schlechter Zug.  
Wenn du ein paar dutzend Othellopartien gespielt hast, wirst du sicher gemerkt haben, dass sich nach den ersten Zügen Muster oft wiederholen. Wenn du dich daran erinnerst, was du in derselben Situation das letzte Mal gemacht hast, wirst du den Zug spielen können, ohne wirklich darüber nachdenken zu müssen. Oder der Zug, den du letztes Mal gespielt hast, hat nicht sehr gut funktioniert und du entscheidest dich deshalb für eine Alternative. Wenn du viel spielst, wirst du vielleicht mit der Zeit ein Gefühl dafür bekommen, was gute und schlechte Züge sind. Wenn du jedoch mit der Hilfe von Computerprogrammen ein Eröffnungsbuch entwickelst, wird dieser Prozess viel leichter und effektiver sein.  




== '''Zwinge deinen Gegner eine Wand zu bauen''' ==
== '''Beispiel der Entwicklung einer Eröffnung''' ==


Diagramm 9-1 zeigt ein Muster (ähnlich dem in Diagramm 5-11), das oft in Spielen von Anfängern erscheint. Weiß hat gerade b8 gespielt und gibt damit Schwarz die einmalige Gelegenheit die Ecke anzugreifen, indem er e8 spielt (Diagramm 9-2).  
Nehmen wir an du bist Schwarz und hast die Eröffnung gewählt, die zur Position in Diagramm 11-1 führt. dein Gegner entscheidet sich für die „chimney“ Eröffnung (6. d6). In der sich daraus ergebenden Situation (Diagramm 11-2) weißt du nicht, welcher Zug nun der Richtige ist. Nun willst du sicher dein Eröffnungsbuch erweitern, damit du in der gleichen Situation das nächste Mal mit dem richtigen Zug antworten kannst. Am einfachsten ist es, dafür ein Computer-Programm zu verwenden. Nehmen wir an, der Computer empfiehlt 7. g4, wie wir im Diagramm 11-3 sehen.  
In diesem Fall ist die a8 Ecke für Schwarz sehr wertvoll, da er davon ausgehend auch die a1 Ecke erlangen kann. Um den Verlust der Ecke zu verhindern, muss Weiß mit f8 antworten, damit bildet er eine riesige Wand quer über das Feld (Diagramm 9-3).  






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Diagramm 9-1: || Diagramm 9-2: || Diagramm 9-3:
Diagram 11-1 || Diagram 11-2: || Diagram 11-3:
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| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
| Chimney - Schlot || Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug
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Möglicherweise reicht dir das. du merkst dir den Zug (Diagramm 11-3) und fügst ihn damit deinem Eröffnungsbuch hinzu. Nächstes Mal, wenn jemand die chimney Eröffnung spielt, setzt du deinen Zug nach g4, ohne darüber nachdenken zu müssen. Das ist alles schön und gut, aber du solltest dir auch Gedanken darüber machen, welchen Zug Weiß nach deinem Zug nach g4 wählen wird. Im Diagramm 11-3 hat Weiß sieben Zugmöglichkeiten. Wenn wir die Thor Datenbank (siehe Anhang) durchsuchen, sehen wir, dass jeder dieser möglichen Züge zumindest einmal gespielt wurde. Idealerweise würden wir gerne wissen, mit welchem Zug wir auf die verschiedenen Möglichkeiten von Weiß antworten sollen. Wir könnten jeden Zug von Weiß durchprobieren und jedes Mal den Computer verwenden, um die richtige Antwort für Schwarz zu erfahren. Unser Eröffnungsbuch würde dann so aussehen:


Sogar in Partien zwischen erfahrenen Spielern wird dieser Tesuji sehr wirkungsvoll eingesetzt. In Diagramm 9-4 sollte Schwarz nach f7 ziehen, denn er droht mit e8 in Diagramm 9-5 zu folgen. Weiß würde gerne mit g8 antworten aber das ist nicht möglich. Das Beste für Weiß ist, das drohende e8, durch das Spielen von g6 (Diagramm 9-6), zu vergiften. Wenn Schwarz jetzt e8 spielt, kann Weiß mit f8 antworten, ohne dass dabei die Steine auf f4 und f5 gedreht werden. Schwarz kann jedoch durch das Ziehen nach h6 (statt e8) die Bedrohung durch e8 wiederherstellen.




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[[Datei:RoseDia09-04.png]] || [[Datei:RoseDia09-05.png]] || [[Datei:RoseDia09-06.png]]
|| || [[Datei:RoseDia11-03b.png]] || [[Datei:RoseDia11-03c.png]]
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|   Diagramm 9-4: || Diagramm 9-5: || Diagramm 9-6:
|   ||  || 8. d3 ||   9. unser Zug nach d3
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|   Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
[[Datei:RoseDia11-03d.png]] ||[[Datei:RoseDia11-03e.png]] || [[Datei:RoseDia11-03f.png]] || [[Datei:RoseDia11-03g.png]]
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== '''Zwinge deinen Gegner deine vergifteten Steine zu drehen''' ==
   
Diagramm 9-7 zeigt ein typisches Beispiel dieses Tesujis. In dieser Position scheint Schwarz die weiße Wand durchbrechen zu müssen, indem er g4, g5 oder g6 spielt. Ein Zug nach f3 könnte nun für Schwarz nicht schlecht sein, aber die Steine auf f7 und f8 vergiften diesen Zug. Schwarz kann den Zug nach f3 verbessern indem er zuerst c8 spielt, und damit die a8 Ecke angreift. Es bleibt für Weiß nur eine Wahl, er muss mit g8 die untere Kante nehmen (Diagramm 9-8). Dadurch werden die vergiftenden Steine gedreht, und Schwarz wird ein leiser Zug nach f3 ermöglicht (Diagramm 9-9). Nun muss Weiß durch die Wand von Schwarz brechen. 
 
 
 
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| [[Datei:RoseDia09-07.png]] || [[Datei:RoseDia09-08.png]] || [[Datei:RoseDia09-09.png]]
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Diagramm 9-7: || Diagramm 9-8: || Diagramm 9-9:
6. d6 ||  7. unser Zug   || 8. e2||   9. unser Zug nach e2
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| Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug
|  ||  || [[Datei:RoseDia11-03h.png]] || [[Datei:RoseDia11-03i.png]]
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== '''Erlange Zugang zu einem entscheidenden Feld''' ==
 
In Diagramm 9-10 kann Schwarz den dringend benötigten Zugang zu h1 bekommen, indem er nach c8 spielt, und damit die Ecke a8 angreift (Diagramm 9-11). Wenn Weiß versucht die Diagonale mit b7 zurückzubekommen, kontert Schwarz einfach mit a8, und erhält sich den Zugang zu h1. Natürlich kann Weiß auch in die h8 Ecke setzen und die Steine an der unteren Kante drehen, aber Schwarz spielt dann nach h1, und die drei anderen Kanten garantieren ihm einen bequemen Sieg. Wenn wir Diagramm 9-10 nur leicht verändern, indem wir den weißen Stein von b8 nach h7 verschieben, wird c8 für Schwarz nicht mehr funktionieren. Weiß wird einfach nach b7 spielen und Schwarz den Zugang zu h1 nehmen (Diagramm 9-12). Der Umstand, dass er in Diagramm 9-11 eine Ecke angreift, sichert Schwarz letztlich den Zugang zu h1.
    
 
 
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[[Datei:RoseDia09-10.png]] || [[Datei:RoseDia09-11.png]] || [[Datei:RoseDia09-12.png]]
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|   Diagramm 9-10: || Diagramm 9-11: || Diagramm 9-12:
|   ||  || 8. f2||   9. unser Zug nach f2
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Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
colspan="4"  style="text-align: center;"| (Vier weitere 8. Züge werden hier nicht gezeigt)
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Wenn du so weit gekommen bist, wirst du dich sicher fragen, was Weiß nach deinem Zug (9.) machen wird. Spielt Weiß beispielsweise 8. d3 und du erwiderst mit deinem erlernten Zug 9. c3, hat Weiß in dieser Situation einige sinnvoll erscheinende Möglichkeiten für den Zug 10. Wenn wir uns die Position in der Datenbank ansehen, sehen wir, dass 7 unterschiedliche 10. Züge gewählt wurden. Nun kannst du wieder den Computer benutzen, um gute Züge als Antwort auf die 7 Möglichkeiten zu finden. Das Problem dabei ist, dass wenn du zu viele Gegenzüge berücksichtigst, dein Eröffnungsbuch exponentiell wachsen wird. Wenn dein Gegner immer 7 Zugmöglichkeiten hat, wird die Zahl der Linien, die du dir merken musst wachsen von 7x7=49, auf 7x7x7=343, auf 7x7x7x7=2401 usw. Um die Sache ins rechte Licht zu rücken, als ich die Weltmeisterschaft gewann, umfasste mein Eröffnungsbuch für beide Farben etwa 300 Linien. Sogar für ein Computerprogramm, dessen Eröffnungsbuch eine Million Linien umfasst, ist es unmöglich, alles zu berücksichtigen.


== '''Ergreife die Diagonale''' ==
Daher ist es wichtig, sehr sorgsam auszuwählen, was du in deinem Eröffnungsbuch aufnehmen möchtest. Um die Auswahl zu erleichtern, führe ich eigentlich zwei separate Bücher. Ein Buch enthält alle von mir durchgeführten Recherchen und enthält viel mehr Eröffnungen, als ich tatsächlich auswändig kann. Das andere Buch enthält „Spickzettel“ für die Eröffnungen, die ich verwenden und auswendig lernen möchte. Die Spickzettel sind nach Spielfarben getrennt – wenn es eine bestimmte Eröffnung gibt, die ich mit beiden Farben spielen könnte, erscheint sie einmal im Abschnitt mit den schwarzen Eröffnungen und noch einmal im Abschnitt mit den weißen Eröffnungen. Wenn ich eine neue Eröffnung erstelle, stecke ich alle Recherchen in das große Buch. Sobald die Recherche abgeschlossen ist, entscheide ich, welche Zeilen auf die Spickzettel geschrieben werden sollen und versuche dann, diese Zeilen auswendig zu lernen.


Diagramm 9-13 zeigt ein häufiges Endspielmuster. Es scheint, dass Schwarz verloren hat, doch es gibt für ihn noch einen Weg um zu gewinnen. Zuerst greift Schwarz die a8 Ecke an, indem er c8 spielt. Weiß muss natürlich mit g8 reagieren (Diagramm 9-14). Der Stein auf c6 ist nun nicht mehr Weiß, so dass Schwarz sich mit g2 die Diagonale nehmen kann, und Weiß hat verloren (Diagramm 9-15)
Natürlich musst du erst noch herausfinden, welche Eröffnungen du zuerst erkunden willst. Spieler, die gerade erst beginnen Eröffnungen zu lernen, sollten mit den Spielen beginnen, die sie tatsächlich spielen. Dazu müssen sie natürlich ihre Partien mitschreiben oder zumindest die Eröffnungen aufzeichnen. Auch wenn du nur ein paar lockere Spiele spielst, lohnt es sich, deine Spiele im Auge zu behalten. Lasse deine Partien von einem Programm analysieren und finde deine Fehler in der Eröffnung. Auf diese Weise kannst du dein Buch Schritt für Schritt aufbauen.


Für jeden der danach strebt ein Weltklassespieler zu werden, ist es wichtig einen systematischeren Ansatz bei der Eröffnungsforschung zu verfolgen, einschließlich der Untersuchung von Eröffnungen, die er noch nie zuvor gespielt hat. Im Folgenden werde ich versuchen, den Prozess konkreter zu gestalten, aber zuerst möchte ich eine „Big Picture“-Perspektive anbieten, die dir bei deiner Eröffnungsrecherche helfen könnte


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|  [[Datei:RoseDia09-13.png]] || [[Datei:RoseDia09-14.png]] || [[Datei:RoseDia09-15.png]]
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|  Diagramm 9-13: || Diagramm 9-14: || Diagramm 9-15:
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| Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug 
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== '''Das perfekte Spiel''' ==


== '''Doppelter Eckangriff''' ==
Spekulationen, welche Farbe ein perfekt gespieltes Othello-Spiel gewinnen würde, scheinen so alt wie das Spiel selbst zu sein. Als die Theorie der Parität in den 1980er Jahren entwickelt wurde, schien es, dass der Vorteil des letzten Zuges Weiß einen leichten Vorteil verschafft. Jetzt, dank starker Computerprogramme, scheint es, dass eine perfekt gespielte Othello-Partie unentschieden enden würde. Es wird zwar noch lange dauern, bis Computer leistungsfähig genug sind, um dies schlüssig zu beweisen, aber bis jemand einen Weg findet, für die eine oder andere Seite zu gewinnen, können wir es genauso gut akzeptieren, als ob es eine Tatsache wäre.


Diagramm 9-16 zeigt ein Muster, welches häufig gegen Ende des Midgames oder im Endgame auftritt. Ich habe viele Spieler in dieser Situation, sofort die Ecke spielen sehen, weil sie befürchteten den Zugang zur Ecke zu verlieren. Das Problem bei a8 ist, dass Weiß mit e8 einen Keil an der unteren Kante spielen kann, und Schwarz bleiben nun kaum noch Zugmöglichkeiten (Diagramm 9-17). Es ist für Schwarz viel besser wenn er selbst e8 spielt, und die Ecke doppelt angreift (Diagramm 9-18). Im Vergleich der Diagramme 9-17 und 9-18 sind einige Vorteile für Schwarz zu sehen. In Diagramm 9-18 ist es egal wo Weiß spielt, Schwarz wird immer noch in der Lage sein die a8 Ecke zu spielen, und Weiß bekommt auch keinen Keil in die untere Kante. Des Weiteren ist Schwarz in Diagramm 9-17 an der Reihe, für sich einen Zug zu finden, in Diagramm 9-18 ist es umgekehrt.
Eine wichtige Erkenntnis der Eröffnungsforschung ist, dass es während es für Weiß viele Züge zu spielen gibt, hat Schwarz nur sehr wenige Möglichkeiten ein Remis zu erreichen. Die Diagramme 11-4 und 11-5 zeigen beispielsweise eine Eröffnungszugfolge, die zu einem Unentschieden zu führen scheint. Schwarz könnte die Reihenfolge der Züge 3 und 5 ändern, aber ansonsten gibt es keine andere Wahl für Zug 7 (f6) das zum Remis führt. Im 10. Zug hat Weiß drei Züge, die ein Remis aufrechterhalten (b4, e3 und e6), und als Reaktion auf jeden dieser Züge hat Schwarz wieder nur einen Remiszug. In der in Diagramm 11-6 gezeigten Partie hat Schwarz praktisch während der gesamten Partie keine andere Wahl, als die gespielte Zugfolge (es könnten die Züge 55/56 vor den Zügen 53/54 ausgeführt werden, ohne das Ergebnis der Partie zu ändern). Wenn Schwarz einen anderen als den gezeigten Zug macht, würde Weiß gewinnen. In der Zwischenzeit hat Weiß an mehreren Stellen im Spiel Wahlmöglichkeiten, darunter vier mögliche 22. Züge.


 
Wenn du dir als Weiß nur die eine Zugfolge in Diagramm 11-6 merken kannst, kannst du garantieren, dass du ein Remis bekommst (wenn Schwarz auch die ideale Zugfolge spielt) oder eine Gewinnstellung erreichst (wenn Schwarz etwas anders macht). Bevor du dich jedoch hinsetzst, um dieses Spiel auswendig zu lernen, will ich auf einige Probleme hinweisen. Erstens ist ein Unentschieden unter vielen Umständen kein besonders gutes Ergebnis. Man könnte nicht Weltmeister werden, indem man immer Remis spielt. Zweitens gibt es einen großen Unterschied zwischen einer Gewinnposition und einem tatsächlichen Gewinn.
 
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|  [[Datei:RoseDia09-16.png]] || [[Datei:RoseDia09-17.png]] || [[Datei:RoseDia09-18.png]]
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|  Diagramm 9-16: || Diagramm 9-17: || Diagramm 9-18:
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|  Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug
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Nach einem doppelten Eckangriff gewinnt man fasst immer die Ecke. Wenn die Ecke wertvoll genug ist, solltest du nicht zögern dafür eine Kante zu opfern. In Diagramm 9-19 bist du vielleicht in Versuchung g7 oder h7 zu spielen, aber Schwarz hat mit e8 einen leichten Sieg (Diagramm 9-20). Damit opfert er die untere Kante, gewinnt jedoch viele sichere Steine, indem er an der linken und dder oberen Kante dreht (Diagramm 9-21).






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|  [[Datei:RoseDia09-19.png]] || [[Datei:RoseDia09-20.png]] || [[Datei:RoseDia09-21.png]]
|  [[Datei:RoseDia11-04.png]] || [[Datei:RoseDia11-05.png]] || [[Datei:RoseDia11-05.png]]
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Diagramm 9-19: || Diagramm 9-20: || Diagramm 9-21:
Diagram 11-4 ||Diagram 11-5: ||Diagram 11-6:
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| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz gewinnt
| || Weiß ist am Zug || Perfektes Spiel?
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Während Schwarz nur sehr wenige Möglichkeiten hat, eine Remisstellung zu halten, gibt es eine Vielzahl von Varianten, die Weiß einen 33-31-Sieg bescheren. Selbst die stärksten Computerprogramme können nicht jeden frühen 2-Steine-Vorteil im Spiel halten. Für Menschen, sogar Weltklassespieler, sind 2 Steine kein wesentlicher Vorteil. Tatsächlich ist es in vielen dieser Stellungen schwieriger, Weiß als Schwarz zu spielen; in Partien zwischen gleichstarken Menschen gewinnt Schwarz häufiger als Weiß.


== '''Doppelt unbalancierte Kante''' ==


In Diagramm 9-22 besitzt Weiß, an der Ecke a8, zwei gegenüberliegende unbalancierte Kanten. Dieses Muster ist fast immer verhängnisvoll, weil Schwarz nicht nur eine Ecke bekommt, sondern sich zudem aussuchen kann, welche Ecke er nimmt. In diesem Beispiel hat Schwarz zwei mögliche Eckangriffe, a7 und b8. Wenn Weiß als nächstes die a8 Ecke nimmt, kann Schwarz über die Kante eine Ecke gewinnen. Die Diagramme 9-23 und 9-24 zeigen die zwei verbreitetsten Zugfolgen. Die Frage ist: welche ist besser für Schwarz?
== '''Auswahl der Eröffnungen für dein Buch''' ==


Angesichts all dessen ist die Entscheidung, welche Buchöffnungen verwendet werden sollen, nicht nur eine Frage der Auswahl theoretisch bester Züge. Stattdessen musst du in jedem einzelnen Spiel die Züge auswählen, die dir die besten Chancen auf den Sieg bieten. Es gibt viele Faktoren zu berücksichtigen: deine Stärken und Schwächen, sowie die deines Gegners, wie viele Eröffnungen du dir merken kannst, welche Eröffnungen dein Gegner kennt, das Zeitlimit für das Spiel und so weiter. Die Wahl der Eröffnungen ist daher eher eine Kunst als eine Wissenschaft. Was für mich funktioniert, funktioniert wahrscheinlich nicht für dich, und was im letzten Spiel funktioniert hat, funktioniert möglicherweise nicht im Nächsten. Es gibt jedoch drei allgemeine Prinzipien, die du möglicherweise nützlich findest.




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=== 1.Wähle ungewöhnliche Eröffnungen ===
| [[Datei:RoseDia09-22.png]] || [[Datei:RoseDia09-23.png]] || [[Datei:RoseDia09-24.png]]
   
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Es gibt keine Eröffnungen, die zu einem erzwungenen Sieg führen und du kannst auch nicht erwarten, dass du perfekt spielst. Um zu gewinnen, muss dein Gegner lediglich mehr Fehler machen als du. Daher wollen wir die Chancen unserer Gegner maximieren, einen schlechten Zug zu machen. Oftmals ist der beste Weg, Eröffnungen zu spielen, die du noch nie zuvor gesehen hast. Wie oben erwähnt, hat Weiß in Diagramm 11-6 im 22. Zug vier Möglichkeiten, die zu einem Unentschieden führen. Von diesen ist e8 mit Abstand der häufigste Zug – lange Zeit glaubte man, dass dieser Zug zu einem Sieg für Weiß führt. Auch nachdem entdeckt wurde, dass e8 eigentlich Unentschieden ist, blieb es der häufigste Zug. Natürlich würde jeder, der diese Eröffnung mit Schwarz spielt wissen, wie er auf diesen Zug reagieren sollte. Irgendwann im Jahr 1998 Ich sah mehrere Computerpartien mit d1 im 22. Zug, die zu guten Ergebnissen für Weiß führten. Nachdem ich ihn studiert hatte, fing ich an, diesen Zug zu spielen, und gewann damit mehrere Spiele in Folge, da meine Gegner ihn noch nie gesehen hatten. Theoretisch ist e8 genauso gut wie d1, aber immerhin zu dieser Zeit war d1 viel seltener und damit viel effektiver.  
| Diagramm 9-22: || Diagramm 9-23: || Diagramm 9-24:
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| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug
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Das läuft auf die Frage hinaus, welche Ecke für Schwarz wertvoller ist, a1 (Diagramm 9-23) oder h8 (Diagramm 9-24). Während h8 sicherlich nützlich ist, ist a1 viel wichtiger. A1 erlaubt Schwarz nicht nur die Ecke h1 zu nehmen, sondern er erhält auch noch einen freien Zug nach b2. Was man sich merken muss ist, um die a1 Ecke zu erhalten sollte Schwarz erst die andere (h8) Ecke angreifen, indem er wie in Diagramm 9-22 b8 spielt. Natürlich kann sich Weiß immer noch weigern dem Plan von Schwarz zu folgen und statt nach a8 einfach irgendwohin in die g-Spalte setzen. In diesem Fall kann Schwarz mit b7 fortfahren, in gewissem Sinne opfert er die a8 Ecke damit noch einmal, während er immer noch droht die h8 Ecke einzunehmen.
 
 
== '''Stoner-Falle''' ==
 
Dieser Tensuji wurde nach John Stoner benannt, einem der Gründungsmitglieder der US Othello Association. Ich habe diesen Tesuji-Eckangriff bis zuletzt aufgehoben, weil er komplizierter als die anderen, bisher von mir gezeigten Tesuji-Eckangriffe, ist. Wenn sie erfolgreich gespielt wird, garantiert diese Falle die Einnahme einer Ecke. Jedoch gibt es viele, oft sehr raffinierte Umstände, unter denen diese Falle nicht funktioniert. Wie bei den anderen Tesuji-Eckangriffen muss man darauf achten, wie viel man opfert um die Stoner-Falle aufzubauen, und dies mit dem Nutzen der Ecke vergleichen.
 
Diagramm 9-25 zeigt die Grundlagen zum Aufbau einer Stoner-Falle. In diesem Fall nutzt Schwarz die schwache Kante von Weiß, um die h8 Ecke anzugreifen. Schwarz sollte mit b7 beginnen (Diagramm 9-26). Beachte, dass Schwarz, mindestens für diesen Moment, die Diagonale kontrollieren muss, damit Weiß nicht einfach in die a8 Ecke spielen kann. Dies lässt Weiß nur 2 Möglichkeiten bei denen er nicht sofort die Ecke verliert: e2 und f2. Nehmen wir an Weiß spielt f2, damit dreht er f3 und bekommt Zugang zur a8 Ecke (Diagramm 9-27).
 
 
 
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|  [[Datei:RoseDia09-25.png]] || [[Datei:RoseDia09-26.png]] || [[Datei:RoseDia09-27.png]]
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| Diagramm 9-25: || Diagramm 9-26: || Diagramm 9-27:
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| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug ||  Schwarz ist am Zug
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Schwarz spielt nun mit e8 einen starken Eckangriff (Diagramm 9-28). Er droht damit die h8 Ecke zu nehmen, und Weiß kann den Verlust der Ecke nur mit einem Zug nach b8 verhindern. Der Nachteil für Weiß ist das er mit b8 auch den Schwarzen Stein auf b7 dreht, den Schwarz in Diagramm 9-25 spielte. Jetzt kann Schwarz die a8 Ecke nehmen, und mit seinem nächsten Zug h8 (Diagramm 9-30). Auf diese Weise gewinnt man durch eine erfolgreich gespielte Stoner-Falle immer die in Angriff genommene Ecke. Wenn der Gegner versucht die Ecke zu verteidigen, indem er die Kante nimmt, dreht er das X-Feld und verliert 2 Ecken. Jedoch ist zu beachten, dass eine Stoner-Falle normalerweise den Verlust der am X-Feld angrenzenden Ecke bedeutet.
 
 
 
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|  [[Datei:RoseDia09-28.png]] || [[Datei:RoseDia09-29.png]] || [[Datei:RoseDia09-30.png]]
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|  Diagramm 9-28: || Diagramm 9-29: || Diagramm 9-30:
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|  Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Schwarz nimmt Ecke h8
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Es passiert sehr schnell, dass Spieler (aller Spielstärken) einen Tunnelblick bekommen, sobald sie die Möglichkeit sehen eine Stoner-Falle zu bauen. Sie konzentrieren sich so sehr auf den Tesuji, dass sie vergessen darüber nachzudenken ob es ihren Vorteil ausbaut. Betrachte zum Beispiel Diagramm 9-31. Hier kann Schwarz mit b7 eine Stoner-Falle Spielen. Damit kann Schwarz schließlich h8 gewinnen, aber wie viel ist h8 wert? Da Schwarz eine unbalancierte Kante hat, wird Weiß einfach h7 spielen können, und damit die h1 Ecke gewinnen. Des Weiteren lässt Schwarz, mit b7 einen ruhigen Zug auf e2, frei für Weiß. Dieser durchbricht schließlich die schwarze Diagonale, und Weiß gewinnt a8 und die linke Kante (Diagramm 9-32).
 
 


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|  [[Datei:RoseDia09-31.png]] || [[Datei:RoseDia09-32.png]] || [[Datei:RoseDia09-33.png]]
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|  Diagramm 9-31: || Diagramm 9-32: || Diagramm 9-33:
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| Schwarz ist am Zug || Schwarz b7, Weiß e2 || Weiß ist am Zug
|}


=== 2. Wähle leicht zu erlernende Eröffnungen ===


Es ist weit besser für Schwarz, einfach den ruhigen Zug nach e2 zu spielen (Diagramm 9-33), Weiß spielen zu lassen, was immer Weiß spielen will, und b7 als wirkungsvolle Drohung offenlassen. Weiß könnte die Diagonale mit g7 ergreifen (Diagramm 9-34), aber Schwarz nimmt daraufhin die andere Diagonale mit b7, und Weiß hat verloren (Diagramm 9-35). Wenn Weiß stattdessen versucht, mit g2 die Bedrohung b7 zu stoppen, spielt Schwarz einfach d8 und hat einen leichten Sieg (Diagramm 9-36). Warum also eine Ecke opfern um eine Stoner-Falle zu spielen, wenn man dem Gegner einfach die Zugmöglichkeiten nehmen kann?
Eine andere Möglichkeit es deinem Gegner zu erschweren besteht darin, Eröffnungen zu spielen, die viele gute Wahlmöglichkeiten für deine Farbe bieten, aber nur wenige Möglichkeiten für deinen Gegner. Zum Beispiel die Zugfolge in Diagramm 11-4 ist theoretisch die beste Eröffnung für Schwarz, Weiß hat jedoch viele gute Möglichkeiten, während Schwarz diese nicht hat. Dies bedeutet, um diese Eröffnung mit Schwarz gut zu spielen, musst du alle Optionen von Weiß studieren, während der Gegner nur eine der Zugfolgen zu lernen hat. Dies ist ein hoher Preis, nur um ein theoretisches Unentschieden zu bekommen.


Vergleiche dies mit einer Eröffnung, in der Schwarz eine etwas unterlegene Stellung, aber viele brauchbare Optionen hat, während Weiß als Reaktion auf jede dieser Optionen nur einen Zug hat, der den Vorteil behält. In diesem Fall musst du dir nur wenige Zugfolgen merken, während dein Gegner viele kennen müsste. Meiner Erfahrung nach sind selbst Weltklassespieler nicht in der Lage, den Vorteil über die gesamte Partie zu halten, wenn man eine solche Eröffnung vorbereitet. Schließlich hast du den Vorteil, da du die Eröffnung in größerer Tiefe kennst als deine Gegner.




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=== 3. Akzeptiere keine Position schlechter als minus 4 ===
|  [[Datei:RoseDia09-34.png]] || [[Datei:RoseDia09-35.png]] || [[Datei:RoseDia09-36.png]]
Wie oben erwähnt ist das Spielen ungewöhnlicher Eröffnungen eine gute Möglichkeit, deinen Gegner aus seinem Eröffnungsbuch herauszubringen. Manchmal ist eine Eröffnung jedoch ungewöhnlich, weil sie schlecht ist. Nach meiner Erfahrung lohnt es sich selten, eine Eröffnung´zu spielen, die laut Computeranalyse schlechter als minus 4 ist. Das Problem bei einer solchen Eröffnung ist, dass dein Gegner normalerweise viele vernünftige Antworten bietet – selbst wenn dein Gegner einen Fehler macht, kann es immer noch eine verlierende oder bestenfalls ausgeglichene Position für dich bedeuten. Es stehen viele Eröffnungen zur Auswahl, die sowohl selten als auch nahezu ausgeglichen sind, sodass Sie nicht absichtlich schlechte Züge spielen müssen, die Ihnen einen erheblichen Nachteil hinterlassen. Umgekehrt lohnt es sich bei der Entscheidung, auf welche Optionen Ihres Gegners du dich vorbereiten möchtest normalerweise nicht, auf Positionen zu achten, bei denen du um mehr als 4 Steine vorne liegst; wenn man so weit kommt, hat die Eröffnung ihre Aufgabe erfüllt.
|-
|  Diagramm 9-34: || Diagramm 9-35: || Diagramm 9-36:
|-
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Nach g2, d8
|}




== '''Varianten der Stoner-Falle''' ==
=== '''Kompromiss zwischen den Zielen''' ===  
 
Bis hierher haben wir nur die Standart Stoner-Falle betrachtet. Während dieses vermutlich das am häufigst gesehene Muster in Spielen ist, gibt es viele Variationen des Standards. Drei davon werden unten gezeigt. In jedem Fall kann Schwarz b7 Spielen, die h8 Ecke angreifen und folglich h8 einnehmen.
 
 
 
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|  [[Datei:RoseDia09-37.png]] || [[Datei:RoseDia09-38.png]] || [[Datei:RoseDia09-39.png]]
|-
| Diagramm 9-37: || Diagramm 9-38: || Diagramm 9-39:
|-
|  Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug
|}


Im Allgemeinen gibt es einen Kompromiss zwischen den oben genannten Prinzipien. Da jeder gute und leicht zu erlernende Eröffnungen möchte (Prinzip 2 und 3), wurden die meisten dieser Eröffnungen schon einmal gespielt und sind bekannt (Verstoß gegen Prinzip 1). Dennoch gibt es immer neue Züge die du ausprobieren kannst, wenn du sorgfältig danach suchst. Manchmal fällt eine gute Eröffnung für eine Weile in Ungnade, dann vergessen die Leute sie und es bietet sich die Möglichkeit, jemanden damit zu überraschen.


Eine andere Art der Stoner-Falle wird in Diagramm 9-40 gezeigt. Hier beginnt Schwarz wieder damit b7 zu spielen (Diagramm 9-41). Weiß kann die Diagonale mit f2 durchbrechen, aber Schwarz spielt nun einen Eckangriff mit d8. Sollte Weiß nun die Kante mit c8 nehmen, dreht er dabei das X-Feld b7, und verliert so zwei Ecken (Diagramm 9-42). Während diese Art der Stoner-Falle relativ selten auftritt, ist sie meiner Erfahrung nach oft wirkungsvoller als die herkömmliche Art. Die geopferte Ecke ist meist nicht besonders wertvoll, und der Angreifer hat größere Chancen, in der Nähe der geopferten Ecke gute Züge zu finden. Im folgenden Abschnitt untersuchen wir einige Umstände, unter denen Stoner-Fallen fehlschlagen können.
Es ist sicherlich möglich, nur nach Prinzip 2 zu leben und mit Eröffnungen erfolgreich zu sein, auch wenn sie bekannt sind. Manche Leute spezialisieren sich auf bestimmte Eröffnungen und spielen sie jahrelang in jedem einzelnen Spiel. Selbst wenn du die Eröffnung studierst, wissen sie es besser als du und haben daher gute Chancen, dich zu schlagen. Diese Art von Strategie führt natürlich zu langen Bucheröffnungen und vielen sehr engen Positionen, die in das Endspiel gehen. Es ist daher für jemanden geeignet, der sich gut Eröffnungen merken und im Endspiel zählen kann (siehe Kapitel 13).


Jemand der es hasst Eröffnungen zu studieren, aber im Mittelspiel stark ist, würde sich normalerweise nur auf Prinzip 1 konzentrieren und ungewöhnliche Eröffnungen spielen, selbst wenn dies bedeutet, dass dies eine etwas unterlegene Position aus der Eröffnung ergibt. Wenn die Eröffnung so ungewöhnlich ist, dass du sicher bist, dass dein Gegner sie nicht kennt, dann ist Prinzip 2 nicht wichtig. Plane in einem solchen Fall nicht, deinen Gegner mit der Eröffnung zu schlagen. Vielmehr möchtest du deinen Gegner einfach aus seinem Eröffnungsbuch drängen und versuchen zu gewinnen, indem du ihn den Rest des Spiels ausspielst. Wenn du im Mittel- und Endspiel wesentlich besser bis als dein Gegner, ist es kein unangemessener Preis, eine Position einzunehmen, die um 4 Steine unterlegen ist.


Wenn ich in der Geschichte zurückblicke, würde ich meinen, dass niemand, der einen extremen Ansatz bei Eröffnungen verfolgt hat, jemals Weltmeister wurde. Egal wie stark du im Rest des Spiels bist, wenn du immer schlechte Eröffnungen spielst, um deine Gegner aus deren Eröffnungsbuch zu drängen, ist es schwierig aus dem Rückstand einen hohen Prozentsatz der Partien zu gewinnen. Wenn du das andere Extrem wählst und versuchst, häufig gespielte Computerzüge bis zum 60. Zug zu merken, hast du nach dem 40. Zug viele sehr enge Partien, und auch hier ist es schwierig, einen hohen Prozentsatz an Partien zu gewinnen. Für die meisten Spieler schlage ich einen Kompromissansatz vor: Versuche, deinen Gegner aus seinem Eröffnungsbuch herauszubringen, aber greife nicht auf schlechte Positionen zurück, um dies zu erreichen.


{| style="text-align: center; width: 100%;"
|  [[Datei:RoseDia09-40.png]] || [[Datei:RoseDia09-41.png]] || [[Datei:RoseDia09-42.png]]
|-
| Diagramm 9-40: || Diagramm 9-41: || Diagramm 9-42:
|-
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug
|} 


== '''Mit WZebra eine Eröffnung entwickeln''' ==


== '''Eine komische Sache geschah auf dem Weg zum X-Feld''' ==
Lass uns angesichts des oben Gesagten darüber nachdenken, ein praktisches Eröffnungsbuch zu entwickeln, das gegen den Schlot - chimney (Abbildung 11-1) als Schwarz verwendet werden kann. Auch dies ist eher eine Kunst als eine Wissenschaft, und es gibt viele Faktoren, die von deinen individuellen Bedürfnissen abhängen. Die Arbeit an einem kurzen Beispiel sollte dir die grundlegende Idee vermitteln. Zuerst müssen wir entscheiden, was wir im 7. Zug spielen wollen. Tabelle 11-1 zeigt einige der Faktoren, die wir berücksichtigen sollten.


Der häufigste Grund warum eine Stoner-Falle nicht Funktioniert ist, dass nachdem das X-Feld gespielt wurde, der Angreifer nicht in der Lage ist, den Eckangriff zu spielen. Betrachte das Beispiel Diagramm 9-43. Nehmen wir an, dass Schwarz sich entscheidet, beginnend mit b7, eine Stoner-Falle zu spielen (Diagramm 9-44). Schwarz droht damit die Ecke zu nehmen, indem er d8 spielt. Weiß kann dies aber verhindern, indem er auf d2 setzt (Diagramm 9-45)! Schwarz hat keinen Zugang zum Feld d8, und Weiß ist in der Diagonalen. Egal wo Schwarz spielt, Weiß wird in der Lage sein die a8 Ecke in seinem nächsten Zug zu nehmen, und die Stoner-Falle von Schwarz hat nicht funktioniert.
Die Spalte „Bewertung“ zeigt, wie WZebra jeden Zug bei einer Suchtiefe von 24 Zügen bewertet. Wir könnten einfach den Zug mit der besten Bewertung auswählen, aber behalte die Prinzipien 1 und 2 im Hinterkopf. „Häufigkeit“ ist der Prozentsatz der Partien (in der Thor-Datenbank), in denen jeder Zug gewählt wurde. Normalerweise sind die Chancen, Ihren Gegner aus seinem Eröffnungsbuch zu werfen, umso besser, je niedriger der Prozentsatz ist. Beachte, dass es eine Entscheidung gibt, welche Spiele in die Analyse einbezogen werden sollen. Ich meine, dass jedes Spiel, das älter als 10 Jahre ist, wahrscheinlich irrelevant ist und 5 Jahre oder sogar 2 Jahre die Grenze sein könnten.
 


„Optionen besser als -2“ gibt an, wie viele weiße Möglichkeiten im 8. Zug WZebra besser als -2,00 bewertet. Dies gibt einen Hinweis darauf, wie viele Züge wir einbeziehen müssen, wenn wir unser Buch auf Zug 9 erweitern wollen. In der Praxis möchten wir normalerweise weiter entlang des Baumes schauen, um zu sehen, wie viele gute Optionen jede Seite hat. Auch hier wollen wir nach Prinzip 2 viele Optionen für Schwarz und wenige Optionen für Weiß. Beachte, dass -2 als Grenze willkürlich ist; für einige Eröffnungen könnte ich null verwenden, für andere würde -4 sinnvoller sein.


{| style="text-align: center; width: 100%;"
{| class="wikitable"
| [[Datei:RoseDia09-43.png]] || [[Datei:RoseDia09-44.png]] || [[Datei:RoseDia09-45.png]]
!colspan="6" style="text-align: left;" | Tabelle 11-1
|-
|-
| Diagramm 9-43: || Diagramm 9-44: || Diagramm 9-45:
| style="text-align: left;" |Zug
|style="text-align: left;" |Bewertung
|style="text-align: left;" |Häufigkeit
|style="text-align: left;" |Optionen
besser als -2
|style="text-align: left;" |Weiß fand eine
gute Antwort
|style="text-align: left;" |Optionen
häufiger 10%
|-
|-
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
| style="text-align: center;" |c4
|}
| style="text-align: center;" | -2.38
 
| style="text-align: center;" |22%
 
| style="text-align: center;" |2
Ein anderer Grund warum eine Stoner-Falle oft nicht funktioniert ist, dass der Gegner den Eckangriff sicher abwehren kann, ohne dabei das X-Feld zu drehen. Diagramm 9-46 ist eine veränderte Form von Diagramm 9-43. Hier ist Weiß, nach Schwarz b7; Weiß d2; in der Lage einen Eckangriff mit d8 abzuwähren (Diagramm 9-47). Ist Die B-Spalte völlig schwarz, ist Weiß in der Lage b8 zu spielen ohne dabei das X-Feld b7 zu drehen. Mehr Bespiele für Stoner-Fallen befinden sich am Ende des Kapitels.
| style="text-align: center;" |84%
 
| style="text-align: center;" |2
 
 
{| style="text-align: center; width: 100%;"
| [[Datei:RoseDia09-46.png]] || [[Datei:RoseDia09-47.png]] || [[Datei:RoseDia09-48.png]]
|-
|-
|  
| style="text-align: center;" |c5
Diagramm 9-46: || Diagramm 9-47: || Diagramm 9-48:
| style="text-align: center;" | -3.75
| style="text-align: center;" |7%
| style="text-align: center;" |2
| style="text-align: center;" |85%
| style="text-align: center;" |1
|-
|-
| Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
| style="text-align: center;" |c6
|}
| style="text-align: center;" | -2.16
| style="text-align: center;" |3%
 
| style="text-align: center;" |2
----
| style="text-align: center;" |78%
 
| style="text-align: center;" |3
 
== '''Übungen''' ==
 
 
Finde in jedem Diagramm den besten Zug. Die Lösungen findest du '''[[Rose:_Antworten#Kapitel_9|hier]].'''
 
 
 
{| style="text-align: center; width: 100%;"
| [[Datei:RoseExe09-01.png]] || [[Datei:RoseExe09-02.png]] || [[Datei:RoseExe09-03.png]]
|-
|-
| Übung 9-1: || Übung 9-2: || Übung 9-3:
| style="text-align: center;" |e7
| style="text-align: center;" | -1.94
| style="text-align: center;" |6%
| style="text-align: center;" |3
| style="text-align: center;" |84%
| style="text-align: center;" |4
|-
|-
| Schwarz ist am Zug || Schwarz ist am Zug || Weiß ist am Zug
| style="text-align: center;" |g4
|}
| style="text-align: center;" | -1.08
 
| style="text-align: center;" |58%
 
| style="text-align: center;" |1
 
| style="text-align: center;" |86%
{| style="text-align: center; width: 100%;"
| style="text-align: center;" |1
| [[Datei:RoseExe09-04.png]] || [[Datei:RoseExe09-05.png]] || [[Datei:RoseExe09-06.png]]
|-
|-
| Übung 9-4: || Übung 9-5: || Übung 9-6:
| style="text-align: center;" |g5
| style="text-align: center;" | -2.98
| style="text-align: center;" |3%
| style="text-align: center;" |3
| style="text-align: center;" |100%
| style="text-align: center;" |2
|-
|-
| Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug || Schwarz ist am Zug
| style="text-align: center;" |g6
| style="text-align: center;" | -2.41
| style="text-align: center;" |1%
| style="text-align: center;" |2
| style="text-align: center;" |100%
| style="text-align: center;" |2
|}
|}
Hinweis: Diese Tabelle wurde mit WZebra 4.2.1 erstellt – Heute können die Werte abweichen.


Die Spalte „Weiß fand eine gute Antwort“ zeigt den Prozentsatz der Partien, in denen Weiß einen der Züge gefunden hat, die in der Spalte „Optionen besser als -2“ enthalten sind. Schließlich hoffen wir, dass unser Gegner einen schlechten Zug macht, daher ist es gut zu wissen, wie oft Spieler in derselben Stellung Fehler gemacht haben. Die Spalte mit der Aufschrift „Optionen häufiger 10%“ zeigt nach dem 7.-Zug von Schwarz die Anzahl der Weiß-Antworten im 8. Zug an, die in mehr als 10 % der Partien in der Datenbank verwendet wurden. Auch hier geht es um die Frage, wie viele Zeilen wir benötigen, um unser Eröffnungsbuch bis zum 9. Zug oder darüber hinaus zu erweitern. Um sicher zu gehen, ist es am besten, die weißen Züge zu berücksichtigen, wenn WZebra sie hoch einschätzt oder wenn sie im tatsächlichen Spiel häufig verwendet wurden.


Mit all diesen Informationen können wir uns die Vor- und Nachteile jeder Wahl im 7. Zug vorstellen. Der Zug, den WZebra am höchsten bewertet, g4, wird in den meisten Partien gespielt. Es gibt nur eine gute Wahl für Weiß bei 8 und es ist natürlich zu erwarten, dass jeder erfahrene Spieler diesen Zug kennt. Daher löst das Spielen von g4 bei 8 eine halbautomatische Reaktion aus, und wir müssen die Eröffnung ab dem 9. Zug erforschen.
Die nachfolgenden Problemstellungen wurden von John Stoner erstellt und 1981 erstmals veröffentlicht. Stelle in jedem Diagramm fest, ob es sich um eine ausbruchsichere Stonerfalle handelt, wenn Weiß als erstes nach b7 spielt.
 
 


{| style="text-align: center; width: 100%;"
Im Gegensatz dazu wird 7. c6 etwas niedriger bewertet, wurde aber nur 3% der Spiele gespielt, was bedeuten sollte, dass die meisten Spieler dies nicht gründlich studiert haben. Weiß hat 2 vernünftige Möglichkeiten bei 8 und du solltest davon ausgehen, dass die meisten deiner Gegner eine davon finden, aber mit etwas mehr Recherche ab Zug 9 oder darüber hinaus kannst du möglicherweise länger in deinem Eröffnungsbuch bleiben als dein Gegner. du musst dann herausfinden, ob dies nach aller Wahrscheinlichkeit zu einer vorteilhaften Position führt.
|  [[Datei:RoseExe09-07.png]] || [[Datei:RoseExe09-08.png]] || [[Datei:RoseExe09-09.png]]
|-
|  Übung 9-7: || Übung 9-8: || Übung 9-9:
|-
| Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug|| Weiß ist am Zug
|}


Eine Möglichkeit, einen Zug wie 7. c6 zu testen, besteht darin, ein paar Partien gegen sich selbst zu spielen und einige plausibel aussehende Varianten für jede Seite auszuprobieren. Wenn du es noch nie ausprobiert hast, kann es schwierig sein, gegen dich selbst zu spielen, aber es ist eine sehr gute Möglichkeit zu üben und ein Gefühl für eine Eröffnung zu entwickeln. Stell dir vor, du verwendest einen Computer um eine Eröffnung zu studieren und erreichst eine Stellung, in der Weiß nach dem 20. Zug einen Vorteil von 4 Steinen hat. Wenn du die Partie für beide Seiten spielst, stellst du möglicherweise fest, dass Schwarz trotz dieses theoretischen Vorteils jedes Mal gewinnt. In diesem Fall ist es unwahrscheinlich, dass du mit der Eröffnung als Weiß erfolgreich sein wirst, es sei denn, du merkst dir später mehr als 20 der richtigen Züge im Spiel.




{| style="text-align: center; width: 100%;"
== '''Fazit''' ==
|  [[Datei:RoseExe09-10.png]] || [[Datei:RoseExe09-11.png]] || [[Datei:RoseExe09-12.png]]
|-
|  Übung 9-10: || Übung 9-11: || Übung 9-12:
|-
|  Weiß ist am Zug|| Weiß ist am Zug|| Weiß ist am Zug
|}


Obwohl ich dir eine todsichere Methode anbieten möchte, um mit Vorteil durch die Eröffnung zu kommen, sollte jetzt klar sein, dass dies nicht möglich ist. Obwohl bereits kompliziert, kratzt die obige Analyse kaum an der Oberfläche aller Faktoren, die du bei der Auswahl einer Eröffnung berücksichtigen könntest. Es gibt einfach keine richtige oder falsche Antwort.


 
Unabhängig davon, welchen Ansatz du wählst ist es wichtig, zumindest einen Teil deiner Übungszeit damit zu verbringen, Eröffnungen zu studieren, insbesondere wenn du ein Experte werden möchtest. Ich empfehle dir dringend, deine Partien aufzuzeichnen und die Eröffnungen zu studieren. Schreibe die Ergebnisse deiner Recherchen in ein Buch und erstelle Spickzettel, damit du Eröffnungen systematisch lernen kannst.
{| style="text-align: center; width: 100%;"
   
|  [[Datei:RoseExe09-13.png]] || [[Datei:RoseExe09-14.png]] || [[Datei:RoseExe09-15.png]]
|-
| Übung 9-13: || Übung 9-14 || Übung 9-15
|-
| Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug || Weiß ist am Zug
|}
 


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{|style="width: 100%;"
{|style="width: 100%;"
| style="width: 60%"| '''Navigation: [[Hauptseite|Startsteite]] > [[Othello_lernen|Othello lernen]] > [[Othello_Buch_von_Brian_Rose|Buch Rose]]'''
| style="width: 60%"| '''Navigation: [[Hauptseite|Startsteite]] > [[Othello_lernen|Othello lernen]] > [[Othello_Buch_von_Brian_Rose|Buch Rose]]'''
| style="width: 40%" style="text-align:right;"| '''[[Rose:_Kapitel_8|<< voriges Kapitel <<]] - [[Rose:_Kapitel_10|>> nächstes Kapitel >>]]'''
| style="width: 40%" style="text-align:right;"| '''[[Rose:_Kapitel_10|<< voriges Kapitel <<]] - [[Rose:_Kapitel_12|>> nächstes Kapitel >>]]'''  
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|}

Version vom 23. Dezember 2023, 12:56 Uhr

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Kapitel 11: Bucheröffnungen

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Bucheröffnungen, also Zügen und Zugfolgen die schon vor dem Spielbeginn verinnerlicht wurden. Ein Eröffnungsbuch ist eine Sammlung von Eröffnungen. Wie bereits im Kapitel 4 erwähnt wurde, sollten sich Anfänger nicht zu viele Gedanken um Eröffnungen machen. Viel wichtiger sind derartig vorbereitete Eröffnungen gegen fortgeschrittene Spieler. Statt hier eine lange Liste an Eröffnungen zu präsentieren, soll dich dieses Kapitel dabei unterstützen, deine eigenen Eröffnungen zu entwickeln.

Wenn du ein paar dutzend Othellopartien gespielt hast, wirst du sicher gemerkt haben, dass sich nach den ersten Zügen Muster oft wiederholen. Wenn du dich daran erinnerst, was du in derselben Situation das letzte Mal gemacht hast, wirst du den Zug spielen können, ohne wirklich darüber nachdenken zu müssen. Oder der Zug, den du letztes Mal gespielt hast, hat nicht sehr gut funktioniert und du entscheidest dich deshalb für eine Alternative. Wenn du viel spielst, wirst du vielleicht mit der Zeit ein Gefühl dafür bekommen, was gute und schlechte Züge sind. Wenn du jedoch mit der Hilfe von Computerprogrammen ein Eröffnungsbuch entwickelst, wird dieser Prozess viel leichter und effektiver sein.


Beispiel der Entwicklung einer Eröffnung

Nehmen wir an du bist Schwarz und hast die Eröffnung gewählt, die zur Position in Diagramm 11-1 führt. dein Gegner entscheidet sich für die „chimney“ Eröffnung (6. d6). In der sich daraus ergebenden Situation (Diagramm 11-2) weißt du nicht, welcher Zug nun der Richtige ist. Nun willst du sicher dein Eröffnungsbuch erweitern, damit du in der gleichen Situation das nächste Mal mit dem richtigen Zug antworten kannst. Am einfachsten ist es, dafür ein Computer-Programm zu verwenden. Nehmen wir an, der Computer empfiehlt 7. g4, wie wir im Diagramm 11-3 sehen.


RoseDia11-01.png RoseDia11-02.png RoseDia11-03.png
Diagram 11-1 Diagram 11-2: Diagram 11-3:
Chimney - Schlot Schwarz ist am Zug Weiß ist am Zug


Möglicherweise reicht dir das. du merkst dir den Zug (Diagramm 11-3) und fügst ihn damit deinem Eröffnungsbuch hinzu. Nächstes Mal, wenn jemand die chimney Eröffnung spielt, setzt du deinen Zug nach g4, ohne darüber nachdenken zu müssen. Das ist alles schön und gut, aber du solltest dir auch Gedanken darüber machen, welchen Zug Weiß nach deinem Zug nach g4 wählen wird. Im Diagramm 11-3 hat Weiß sieben Zugmöglichkeiten. Wenn wir die Thor Datenbank (siehe Anhang) durchsuchen, sehen wir, dass jeder dieser möglichen Züge zumindest einmal gespielt wurde. Idealerweise würden wir gerne wissen, mit welchem Zug wir auf die verschiedenen Möglichkeiten von Weiß antworten sollen. Wir könnten jeden Zug von Weiß durchprobieren und jedes Mal den Computer verwenden, um die richtige Antwort für Schwarz zu erfahren. Unser Eröffnungsbuch würde dann so aussehen:


RoseDia11-03b.png RoseDia11-03c.png
8. d3 9. unser Zug nach d3
RoseDia11-03d.png RoseDia11-03e.png RoseDia11-03f.png RoseDia11-03g.png
6. d6 7. unser Zug 8. e2 9. unser Zug nach e2
RoseDia11-03h.png RoseDia11-03i.png
8. f2 9. unser Zug nach f2
(Vier weitere 8. Züge werden hier nicht gezeigt)


Wenn du so weit gekommen bist, wirst du dich sicher fragen, was Weiß nach deinem Zug (9.) machen wird. Spielt Weiß beispielsweise 8. d3 und du erwiderst mit deinem erlernten Zug 9. c3, hat Weiß in dieser Situation einige sinnvoll erscheinende Möglichkeiten für den Zug 10. Wenn wir uns die Position in der Datenbank ansehen, sehen wir, dass 7 unterschiedliche 10. Züge gewählt wurden. Nun kannst du wieder den Computer benutzen, um gute Züge als Antwort auf die 7 Möglichkeiten zu finden. Das Problem dabei ist, dass wenn du zu viele Gegenzüge berücksichtigst, dein Eröffnungsbuch exponentiell wachsen wird. Wenn dein Gegner immer 7 Zugmöglichkeiten hat, wird die Zahl der Linien, die du dir merken musst wachsen von 7x7=49, auf 7x7x7=343, auf 7x7x7x7=2401 usw. Um die Sache ins rechte Licht zu rücken, als ich die Weltmeisterschaft gewann, umfasste mein Eröffnungsbuch für beide Farben etwa 300 Linien. Sogar für ein Computerprogramm, dessen Eröffnungsbuch eine Million Linien umfasst, ist es unmöglich, alles zu berücksichtigen.

Daher ist es wichtig, sehr sorgsam auszuwählen, was du in deinem Eröffnungsbuch aufnehmen möchtest. Um die Auswahl zu erleichtern, führe ich eigentlich zwei separate Bücher. Ein Buch enthält alle von mir durchgeführten Recherchen und enthält viel mehr Eröffnungen, als ich tatsächlich auswändig kann. Das andere Buch enthält „Spickzettel“ für die Eröffnungen, die ich verwenden und auswendig lernen möchte. Die Spickzettel sind nach Spielfarben getrennt – wenn es eine bestimmte Eröffnung gibt, die ich mit beiden Farben spielen könnte, erscheint sie einmal im Abschnitt mit den schwarzen Eröffnungen und noch einmal im Abschnitt mit den weißen Eröffnungen. Wenn ich eine neue Eröffnung erstelle, stecke ich alle Recherchen in das große Buch. Sobald die Recherche abgeschlossen ist, entscheide ich, welche Zeilen auf die Spickzettel geschrieben werden sollen und versuche dann, diese Zeilen auswendig zu lernen.

Natürlich musst du erst noch herausfinden, welche Eröffnungen du zuerst erkunden willst. Spieler, die gerade erst beginnen Eröffnungen zu lernen, sollten mit den Spielen beginnen, die sie tatsächlich spielen. Dazu müssen sie natürlich ihre Partien mitschreiben oder zumindest die Eröffnungen aufzeichnen. Auch wenn du nur ein paar lockere Spiele spielst, lohnt es sich, deine Spiele im Auge zu behalten. Lasse deine Partien von einem Programm analysieren und finde deine Fehler in der Eröffnung. Auf diese Weise kannst du dein Buch Schritt für Schritt aufbauen.

Für jeden der danach strebt ein Weltklassespieler zu werden, ist es wichtig einen systematischeren Ansatz bei der Eröffnungsforschung zu verfolgen, einschließlich der Untersuchung von Eröffnungen, die er noch nie zuvor gespielt hat. Im Folgenden werde ich versuchen, den Prozess konkreter zu gestalten, aber zuerst möchte ich eine „Big Picture“-Perspektive anbieten, die dir bei deiner Eröffnungsrecherche helfen könnte


Das perfekte Spiel

Spekulationen, welche Farbe ein perfekt gespieltes Othello-Spiel gewinnen würde, scheinen so alt wie das Spiel selbst zu sein. Als die Theorie der Parität in den 1980er Jahren entwickelt wurde, schien es, dass der Vorteil des letzten Zuges Weiß einen leichten Vorteil verschafft. Jetzt, dank starker Computerprogramme, scheint es, dass eine perfekt gespielte Othello-Partie unentschieden enden würde. Es wird zwar noch lange dauern, bis Computer leistungsfähig genug sind, um dies schlüssig zu beweisen, aber bis jemand einen Weg findet, für die eine oder andere Seite zu gewinnen, können wir es genauso gut akzeptieren, als ob es eine Tatsache wäre.

Eine wichtige Erkenntnis der Eröffnungsforschung ist, dass es während es für Weiß viele Züge zu spielen gibt, hat Schwarz nur sehr wenige Möglichkeiten ein Remis zu erreichen. Die Diagramme 11-4 und 11-5 zeigen beispielsweise eine Eröffnungszugfolge, die zu einem Unentschieden zu führen scheint. Schwarz könnte die Reihenfolge der Züge 3 und 5 ändern, aber ansonsten gibt es keine andere Wahl für Zug 7 (f6) das zum Remis führt. Im 10. Zug hat Weiß drei Züge, die ein Remis aufrechterhalten (b4, e3 und e6), und als Reaktion auf jeden dieser Züge hat Schwarz wieder nur einen Remiszug. In der in Diagramm 11-6 gezeigten Partie hat Schwarz praktisch während der gesamten Partie keine andere Wahl, als die gespielte Zugfolge (es könnten die Züge 55/56 vor den Zügen 53/54 ausgeführt werden, ohne das Ergebnis der Partie zu ändern). Wenn Schwarz einen anderen als den gezeigten Zug macht, würde Weiß gewinnen. In der Zwischenzeit hat Weiß an mehreren Stellen im Spiel Wahlmöglichkeiten, darunter vier mögliche 22. Züge.

Wenn du dir als Weiß nur die eine Zugfolge in Diagramm 11-6 merken kannst, kannst du garantieren, dass du ein Remis bekommst (wenn Schwarz auch die ideale Zugfolge spielt) oder eine Gewinnstellung erreichst (wenn Schwarz etwas anders macht). Bevor du dich jedoch hinsetzst, um dieses Spiel auswendig zu lernen, will ich auf einige Probleme hinweisen. Erstens ist ein Unentschieden unter vielen Umständen kein besonders gutes Ergebnis. Man könnte nicht Weltmeister werden, indem man immer Remis spielt. Zweitens gibt es einen großen Unterschied zwischen einer Gewinnposition und einem tatsächlichen Gewinn.


RoseDia11-04.png RoseDia11-05.png RoseDia11-05.png
Diagram 11-4 Diagram 11-5: Diagram 11-6:
Weiß ist am Zug Perfektes Spiel?


Während Schwarz nur sehr wenige Möglichkeiten hat, eine Remisstellung zu halten, gibt es eine Vielzahl von Varianten, die Weiß einen 33-31-Sieg bescheren. Selbst die stärksten Computerprogramme können nicht jeden frühen 2-Steine-Vorteil im Spiel halten. Für Menschen, sogar Weltklassespieler, sind 2 Steine kein wesentlicher Vorteil. Tatsächlich ist es in vielen dieser Stellungen schwieriger, Weiß als Schwarz zu spielen; in Partien zwischen gleichstarken Menschen gewinnt Schwarz häufiger als Weiß.


Auswahl der Eröffnungen für dein Buch

Angesichts all dessen ist die Entscheidung, welche Buchöffnungen verwendet werden sollen, nicht nur eine Frage der Auswahl theoretisch bester Züge. Stattdessen musst du in jedem einzelnen Spiel die Züge auswählen, die dir die besten Chancen auf den Sieg bieten. Es gibt viele Faktoren zu berücksichtigen: deine Stärken und Schwächen, sowie die deines Gegners, wie viele Eröffnungen du dir merken kannst, welche Eröffnungen dein Gegner kennt, das Zeitlimit für das Spiel und so weiter. Die Wahl der Eröffnungen ist daher eher eine Kunst als eine Wissenschaft. Was für mich funktioniert, funktioniert wahrscheinlich nicht für dich, und was im letzten Spiel funktioniert hat, funktioniert möglicherweise nicht im Nächsten. Es gibt jedoch drei allgemeine Prinzipien, die du möglicherweise nützlich findest.


1.Wähle ungewöhnliche Eröffnungen

Es gibt keine Eröffnungen, die zu einem erzwungenen Sieg führen und du kannst auch nicht erwarten, dass du perfekt spielst. Um zu gewinnen, muss dein Gegner lediglich mehr Fehler machen als du. Daher wollen wir die Chancen unserer Gegner maximieren, einen schlechten Zug zu machen. Oftmals ist der beste Weg, Eröffnungen zu spielen, die du noch nie zuvor gesehen hast. Wie oben erwähnt, hat Weiß in Diagramm 11-6 im 22. Zug vier Möglichkeiten, die zu einem Unentschieden führen. Von diesen ist e8 mit Abstand der häufigste Zug – lange Zeit glaubte man, dass dieser Zug zu einem Sieg für Weiß führt. Auch nachdem entdeckt wurde, dass e8 eigentlich Unentschieden ist, blieb es der häufigste Zug. Natürlich würde jeder, der diese Eröffnung mit Schwarz spielt wissen, wie er auf diesen Zug reagieren sollte. Irgendwann im Jahr 1998 Ich sah mehrere Computerpartien mit d1 im 22. Zug, die zu guten Ergebnissen für Weiß führten. Nachdem ich ihn studiert hatte, fing ich an, diesen Zug zu spielen, und gewann damit mehrere Spiele in Folge, da meine Gegner ihn noch nie gesehen hatten. Theoretisch ist e8 genauso gut wie d1, aber immerhin zu dieser Zeit war d1 viel seltener und damit viel effektiver.


2. Wähle leicht zu erlernende Eröffnungen

Eine andere Möglichkeit es deinem Gegner zu erschweren besteht darin, Eröffnungen zu spielen, die viele gute Wahlmöglichkeiten für deine Farbe bieten, aber nur wenige Möglichkeiten für deinen Gegner. Zum Beispiel die Zugfolge in Diagramm 11-4 ist theoretisch die beste Eröffnung für Schwarz, Weiß hat jedoch viele gute Möglichkeiten, während Schwarz diese nicht hat. Dies bedeutet, um diese Eröffnung mit Schwarz gut zu spielen, musst du alle Optionen von Weiß studieren, während der Gegner nur eine der Zugfolgen zu lernen hat. Dies ist ein hoher Preis, nur um ein theoretisches Unentschieden zu bekommen.

Vergleiche dies mit einer Eröffnung, in der Schwarz eine etwas unterlegene Stellung, aber viele brauchbare Optionen hat, während Weiß als Reaktion auf jede dieser Optionen nur einen Zug hat, der den Vorteil behält. In diesem Fall musst du dir nur wenige Zugfolgen merken, während dein Gegner viele kennen müsste. Meiner Erfahrung nach sind selbst Weltklassespieler nicht in der Lage, den Vorteil über die gesamte Partie zu halten, wenn man eine solche Eröffnung vorbereitet. Schließlich hast du den Vorteil, da du die Eröffnung in größerer Tiefe kennst als deine Gegner.


3. Akzeptiere keine Position schlechter als minus 4

Wie oben erwähnt ist das Spielen ungewöhnlicher Eröffnungen eine gute Möglichkeit, deinen Gegner aus seinem Eröffnungsbuch herauszubringen. Manchmal ist eine Eröffnung jedoch ungewöhnlich, weil sie schlecht ist. Nach meiner Erfahrung lohnt es sich selten, eine Eröffnung´zu spielen, die laut Computeranalyse schlechter als minus 4 ist. Das Problem bei einer solchen Eröffnung ist, dass dein Gegner normalerweise viele vernünftige Antworten bietet – selbst wenn dein Gegner einen Fehler macht, kann es immer noch eine verlierende oder bestenfalls ausgeglichene Position für dich bedeuten. Es stehen viele Eröffnungen zur Auswahl, die sowohl selten als auch nahezu ausgeglichen sind, sodass Sie nicht absichtlich schlechte Züge spielen müssen, die Ihnen einen erheblichen Nachteil hinterlassen. Umgekehrt lohnt es sich bei der Entscheidung, auf welche Optionen Ihres Gegners du dich vorbereiten möchtest normalerweise nicht, auf Positionen zu achten, bei denen du um mehr als 4 Steine vorne liegst; wenn man so weit kommt, hat die Eröffnung ihre Aufgabe erfüllt.


Kompromiss zwischen den Zielen

Im Allgemeinen gibt es einen Kompromiss zwischen den oben genannten Prinzipien. Da jeder gute und leicht zu erlernende Eröffnungen möchte (Prinzip 2 und 3), wurden die meisten dieser Eröffnungen schon einmal gespielt und sind bekannt (Verstoß gegen Prinzip 1). Dennoch gibt es immer neue Züge die du ausprobieren kannst, wenn du sorgfältig danach suchst. Manchmal fällt eine gute Eröffnung für eine Weile in Ungnade, dann vergessen die Leute sie und es bietet sich die Möglichkeit, jemanden damit zu überraschen.

Es ist sicherlich möglich, nur nach Prinzip 2 zu leben und mit Eröffnungen erfolgreich zu sein, auch wenn sie bekannt sind. Manche Leute spezialisieren sich auf bestimmte Eröffnungen und spielen sie jahrelang in jedem einzelnen Spiel. Selbst wenn du die Eröffnung studierst, wissen sie es besser als du und haben daher gute Chancen, dich zu schlagen. Diese Art von Strategie führt natürlich zu langen Bucheröffnungen und vielen sehr engen Positionen, die in das Endspiel gehen. Es ist daher für jemanden geeignet, der sich gut Eröffnungen merken und im Endspiel zählen kann (siehe Kapitel 13).

Jemand der es hasst Eröffnungen zu studieren, aber im Mittelspiel stark ist, würde sich normalerweise nur auf Prinzip 1 konzentrieren und ungewöhnliche Eröffnungen spielen, selbst wenn dies bedeutet, dass dies eine etwas unterlegene Position aus der Eröffnung ergibt. Wenn die Eröffnung so ungewöhnlich ist, dass du sicher bist, dass dein Gegner sie nicht kennt, dann ist Prinzip 2 nicht wichtig. Plane in einem solchen Fall nicht, deinen Gegner mit der Eröffnung zu schlagen. Vielmehr möchtest du deinen Gegner einfach aus seinem Eröffnungsbuch drängen und versuchen zu gewinnen, indem du ihn den Rest des Spiels ausspielst. Wenn du im Mittel- und Endspiel wesentlich besser bis als dein Gegner, ist es kein unangemessener Preis, eine Position einzunehmen, die um 4 Steine unterlegen ist.

Wenn ich in der Geschichte zurückblicke, würde ich meinen, dass niemand, der einen extremen Ansatz bei Eröffnungen verfolgt hat, jemals Weltmeister wurde. Egal wie stark du im Rest des Spiels bist, wenn du immer schlechte Eröffnungen spielst, um deine Gegner aus deren Eröffnungsbuch zu drängen, ist es schwierig aus dem Rückstand einen hohen Prozentsatz der Partien zu gewinnen. Wenn du das andere Extrem wählst und versuchst, häufig gespielte Computerzüge bis zum 60. Zug zu merken, hast du nach dem 40. Zug viele sehr enge Partien, und auch hier ist es schwierig, einen hohen Prozentsatz an Partien zu gewinnen. Für die meisten Spieler schlage ich einen Kompromissansatz vor: Versuche, deinen Gegner aus seinem Eröffnungsbuch herauszubringen, aber greife nicht auf schlechte Positionen zurück, um dies zu erreichen.


Mit WZebra eine Eröffnung entwickeln

Lass uns angesichts des oben Gesagten darüber nachdenken, ein praktisches Eröffnungsbuch zu entwickeln, das gegen den Schlot - chimney (Abbildung 11-1) als Schwarz verwendet werden kann. Auch dies ist eher eine Kunst als eine Wissenschaft, und es gibt viele Faktoren, die von deinen individuellen Bedürfnissen abhängen. Die Arbeit an einem kurzen Beispiel sollte dir die grundlegende Idee vermitteln. Zuerst müssen wir entscheiden, was wir im 7. Zug spielen wollen. Tabelle 11-1 zeigt einige der Faktoren, die wir berücksichtigen sollten.

Die Spalte „Bewertung“ zeigt, wie WZebra jeden Zug bei einer Suchtiefe von 24 Zügen bewertet. Wir könnten einfach den Zug mit der besten Bewertung auswählen, aber behalte die Prinzipien 1 und 2 im Hinterkopf. „Häufigkeit“ ist der Prozentsatz der Partien (in der Thor-Datenbank), in denen jeder Zug gewählt wurde. Normalerweise sind die Chancen, Ihren Gegner aus seinem Eröffnungsbuch zu werfen, umso besser, je niedriger der Prozentsatz ist. Beachte, dass es eine Entscheidung gibt, welche Spiele in die Analyse einbezogen werden sollen. Ich meine, dass jedes Spiel, das älter als 10 Jahre ist, wahrscheinlich irrelevant ist und 5 Jahre oder sogar 2 Jahre die Grenze sein könnten.

„Optionen besser als -2“ gibt an, wie viele weiße Möglichkeiten im 8. Zug WZebra besser als -2,00 bewertet. Dies gibt einen Hinweis darauf, wie viele Züge wir einbeziehen müssen, wenn wir unser Buch auf Zug 9 erweitern wollen. In der Praxis möchten wir normalerweise weiter entlang des Baumes schauen, um zu sehen, wie viele gute Optionen jede Seite hat. Auch hier wollen wir nach Prinzip 2 viele Optionen für Schwarz und wenige Optionen für Weiß. Beachte, dass -2 als Grenze willkürlich ist; für einige Eröffnungen könnte ich null verwenden, für andere würde -4 sinnvoller sein.

Tabelle 11-1
Zug Bewertung Häufigkeit Optionen

besser als -2

Weiß fand eine

gute Antwort

Optionen

häufiger 10%

c4 -2.38 22% 2 84% 2
c5 -3.75 7% 2 85% 1
c6 -2.16 3% 2 78% 3
e7 -1.94 6% 3 84% 4
g4 -1.08 58% 1 86% 1
g5 -2.98 3% 3 100% 2
g6 -2.41 1% 2 100% 2

Hinweis: Diese Tabelle wurde mit WZebra 4.2.1 erstellt – Heute können die Werte abweichen.

Die Spalte „Weiß fand eine gute Antwort“ zeigt den Prozentsatz der Partien, in denen Weiß einen der Züge gefunden hat, die in der Spalte „Optionen besser als -2“ enthalten sind. Schließlich hoffen wir, dass unser Gegner einen schlechten Zug macht, daher ist es gut zu wissen, wie oft Spieler in derselben Stellung Fehler gemacht haben. Die Spalte mit der Aufschrift „Optionen häufiger 10%“ zeigt nach dem 7.-Zug von Schwarz die Anzahl der Weiß-Antworten im 8. Zug an, die in mehr als 10 % der Partien in der Datenbank verwendet wurden. Auch hier geht es um die Frage, wie viele Zeilen wir benötigen, um unser Eröffnungsbuch bis zum 9. Zug oder darüber hinaus zu erweitern. Um sicher zu gehen, ist es am besten, die weißen Züge zu berücksichtigen, wenn WZebra sie hoch einschätzt oder wenn sie im tatsächlichen Spiel häufig verwendet wurden.

Mit all diesen Informationen können wir uns die Vor- und Nachteile jeder Wahl im 7. Zug vorstellen. Der Zug, den WZebra am höchsten bewertet, g4, wird in den meisten Partien gespielt. Es gibt nur eine gute Wahl für Weiß bei 8 und es ist natürlich zu erwarten, dass jeder erfahrene Spieler diesen Zug kennt. Daher löst das Spielen von g4 bei 8 eine halbautomatische Reaktion aus, und wir müssen die Eröffnung ab dem 9. Zug erforschen.

Im Gegensatz dazu wird 7. c6 etwas niedriger bewertet, wurde aber nur 3% der Spiele gespielt, was bedeuten sollte, dass die meisten Spieler dies nicht gründlich studiert haben. Weiß hat 2 vernünftige Möglichkeiten bei 8 und du solltest davon ausgehen, dass die meisten deiner Gegner eine davon finden, aber mit etwas mehr Recherche ab Zug 9 oder darüber hinaus kannst du möglicherweise länger in deinem Eröffnungsbuch bleiben als dein Gegner. du musst dann herausfinden, ob dies nach aller Wahrscheinlichkeit zu einer vorteilhaften Position führt.

Eine Möglichkeit, einen Zug wie 7. c6 zu testen, besteht darin, ein paar Partien gegen sich selbst zu spielen und einige plausibel aussehende Varianten für jede Seite auszuprobieren. Wenn du es noch nie ausprobiert hast, kann es schwierig sein, gegen dich selbst zu spielen, aber es ist eine sehr gute Möglichkeit zu üben und ein Gefühl für eine Eröffnung zu entwickeln. Stell dir vor, du verwendest einen Computer um eine Eröffnung zu studieren und erreichst eine Stellung, in der Weiß nach dem 20. Zug einen Vorteil von 4 Steinen hat. Wenn du die Partie für beide Seiten spielst, stellst du möglicherweise fest, dass Schwarz trotz dieses theoretischen Vorteils jedes Mal gewinnt. In diesem Fall ist es unwahrscheinlich, dass du mit der Eröffnung als Weiß erfolgreich sein wirst, es sei denn, du merkst dir später mehr als 20 der richtigen Züge im Spiel.


Fazit

Obwohl ich dir eine todsichere Methode anbieten möchte, um mit Vorteil durch die Eröffnung zu kommen, sollte jetzt klar sein, dass dies nicht möglich ist. Obwohl bereits kompliziert, kratzt die obige Analyse kaum an der Oberfläche aller Faktoren, die du bei der Auswahl einer Eröffnung berücksichtigen könntest. Es gibt einfach keine richtige oder falsche Antwort.

Unabhängig davon, welchen Ansatz du wählst ist es wichtig, zumindest einen Teil deiner Übungszeit damit zu verbringen, Eröffnungen zu studieren, insbesondere wenn du ein Experte werden möchtest. Ich empfehle dir dringend, deine Partien aufzuzeichnen und die Eröffnungen zu studieren. Schreibe die Ergebnisse deiner Recherchen in ein Buch und erstelle Spickzettel, damit du Eröffnungen systematisch lernen kannst.



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